Die Flyer sind verteilt, die Farbe auf den Transparenten ist trocken – nur noch wenige Stunden, dann soll die Demo losgehen. Während die Internationale Bauausstellung (IBA) am Samstag ihre Eröffnung feiert, will die Gruppe „IBA?NigsDA!“ auf die Straße gehen. Auch der Verein Engagierte Wilhelmsburger will protestieren. Die Aktivisten sind es leid, dass die Zukunft ihrer Elbinsel von oben herab entschieden wird. Einige Straßen von Wilhelmsburg bleiben jedoch für die Kritiker gesperrt – die IBA möchte bei ihrer Feier nicht gestört werden.
Die IBA darf dem Protest Schranken setzen. Sie darf am Samstag von 9 Uhr bis 22 Uhr auf ihrem Veranstaltungsgelände alles verbieten, was nicht zur Feier gehört – das hat die Versammlungsbehörde mit den Gastgebern verabredet und entschieden. Die Eröffnungsfeier der IBA sei „eine Veranstaltung von herausragender bundesweiter und internationaler Bedeutung, die für das Ansehen der Freien und Hansestadt Hamburg sehr wichtig ist“, schreibt die Polizei. Die IBA rechnet demnach mit 5000 bis 7000 Besuchern, darunter 700 geladene Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Medien. Für sie sind die Mengestraße, die Ulla-Falke-Terrassen und die Straße Am Inselpark reserviert.
Für die Demo von „IBA?NigsDA!“ bedeutet das: Vor der Einmündung zur Straße Am Inselpark ist Schluss. Die Abschlusskundgebung der Demo soll in der Neuenfelder Straße gehalten werden, in etwa 50 Metern Abstand zum Festgelände. Die Versammlungsbehörde geht davon aus, dass die Demonstranten das Fest stören wollen. Das könnte die öffentliche Sicherheit gefährden, sagt sie. „Ein absurdes Konstrukt“, findet Hannah Sperberich von „IBA?NigsDA!“. Der Protest würde so völlig verdreht dargestellt – als Gefahr für die Gesellschaft.
Protest passt nicht ins gewünschte Bild
Auch die Engagierten Wilhelmsburger dürfen nicht so protestieren wie geplant. Die Gruppe wollte sich ursprünglich auf der Brücke Gert-Schwämmle-Weg über den Rathauswettern versammeln. Daraus wird jedoch nichts, weil auf diesem Weg unter anderen Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) die See-Bühne am Bürgerhaus erreichen soll. Zudem soll eine Barkasse mit prominenten Gästen unter der Brücke hindurch fahren. Bei einer Versammlung auf der Brücke könnten diese Personen nicht gut genug geschützt werden, schreibt die Versammlungsbehörde. Die Aktion der Engagierten Wilhelmsburger soll aber auch deshalb weichen, weil sie nicht ins Bild passt: „Ein Protest auf der Brücke würde den von den Veranstaltern geplanten Festcharakter beeinflussen und den Gesamteindruck wesentlich verändern“, heißt es in der Anmeldebestätigung. Auch in diesem Fall sei die öffentliche Sicherheit gefährdet, weil ein Schaden für die staatliche Veranstaltung drohe.
Jochen Klein von den Engagierten Wilhelmsburgern findet die Begründung abwegig. „Damit wird uns jetzt tatsächlich eine staatsschädigende Wirkung attestiert, sollten wir uns auf einer Fußgängerbrücke aufhalten“, sagt er im Gespräch mit WilhelmsburgOnline.de. Der IBA wirft er Doppelzüngigkeit vor – einerseits betone der Geschäftsführer Uli Hellweg immer, offen für Kritik zu sein, andererseits sollen kritische Versammlungen ausgeschlossen werden. „Ich finde es in Ordnung, dass man demonstriert“, entgegnet Uli Hellweg auf Anfrage von WilhelmsburgOnline.de. „Was ich schade finde, ist, dass man mit uns nicht redet, obwohl ich immer wieder den Dialog anbiete.“ Zuletzt war ein Treffen zwischen IBA-Vertretern und Engagierten Wilhelmsburgern geplatzt, weil niemand aus dem Verein erschienen war. „Über was soll man da sprechen?“, fragt Jochen Klein. „Wir wollen da nicht die Statisten sein, damit Herr Hellweg am Ende behaupten kann, er hätte alles getan. Dann hätte er auch einfach die Versammlung genehmigen können.“
von Annabel Trautwein
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