Soulkitchen-Halle steht vor dem Aus

Die Soulkitchen-Halle ist geschlossen. Der Grund: Einsturzgefahr. So lautet das Ergebnis eines Gutachtens, das die Sprinkenhof AG als Eigentümerin der Halle in Auftrag gegeben hat. Laut offizieller Genehmigung durften die Betreiber dort bis Ende 2013 Konzerte, Partys und Kulturveranstaltungen machen. Doch das gilt nun nicht mehr. Für Betreiber Mathias Lintl ist das neue Gutachten ein Totschlagargument im jahrelangen Streit um die Halle. Er und seine Gefährten wollen weitermachen – auch wenn der Kampf um die Soulkitchen-Halle sie schon viel Kraft und Geld gekostet hat.

Unangekündigt, mit schwerem Gerät und vielen Metern Bauzaun war die städtische Sprinkenhof AG am Freitagnachmittag angerückt, um die Halle dicht zu machen. Jan Zunke, Vorstand der Sprinkenhof AG, überwachte persönlich, wie die Kulturschaffenden ihre Habseligkeiten hinausräumten. Dann schweißten Handwerker die Metalltüren zu, verbarrikadierten die übrigen Eingänge mit Holzbalken und zogen einen Zaun um das Gelände. „Betreten der Baustelle verboten – Lebensgefahr“ steht nun auf Schildern rings um den Kulturort in der Industriestraße. Ein rosa Papier mit Siegel der Freien und Hansestadt macht es amtlich: Die Nutzung der Halle ist untersagt. Wer hier weiter baut oder repariert oder den Zettel entfernt, muss mit Strafen rechnen.

„Wir hatten zwei Stunden Zeit, die Sachen zusammenzupacken“, erzählt Mathias Lintl im Gespräch mit WilhelmsburgOnline.de. Das Kulturkollektiv in der Soulkitchen-Halle sei vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Zwar habe ihnen die Sprinkenhof AG schon angekündigt, die Nutzung der Halle verbieten zu wollen. Doch die genauen Gründe dafür hätten Vertreter der städtischen Behörden unter sich ausgemacht. Auch das Gutachten habe er nie zu Gesicht bekommen, sagt Mathias Lintl. Nur die letzte der 48 Seiten habe man ihm vorgelegt. Damit verhindere die Sprinkenhof AG, dass einzelne Kritikpunkte des Gutachtens angefochten werden.

Bässe, tanzende Menschen und Lkw-Verkehr

Ein Schreiben des Fachamtes Bauprüfung im Bezirk Mitte gibt nur bekannt, dass laut Aussage des Gutachters die Konstruktion der Halle „durch die Schallwellen lauter Bässe oder durch Tanzen erzeugte Schwingungen“ erschüttert werden könnte. Auch der Schwerlastverkehr auf der Industriestraße könnte demnach gefährlich werden. Bassmusik, tanzende Menschen und Lkw-Verkehr gab es dort zwar auch vorher schon – auch zu dem Zeitpunkt, als die Stadt den Kulturschaffenden die Betriebsgenehmigung bis Ende 2013 ausstellte. Nun aber gilt diese Kombination als gefährlich. Für genauere Angaben war die Sprinkenhof AG am Samstag nicht zu erreichen. Vorstand Jan Zunke sagte im Telefonat mit WilhelmsburgOnline.de, erst am Montag könne das Unternehmen eine Stellungnahme abgeben.

„Die Standsicherheit des Gebäudes könnte man wieder ertüchtigen“, sagt Mathias Lintl. Schließlich arbeitet das Soulkitchen-Kollektiv schon seit Jahren daran, die ehemalige Filmkulisse von Fatih Akins „Soulkitchen“ zu einem sicheren Veranstaltungsraum umzubauen. Ausgebildete Schweißer und erfahrene Handwerker stehen bereit. „Wir bräuchten aber das Gutachten“, sagt er. Denn wenn nicht klar sei, was kaputt ist, könne auch nicht instand gesetzt werden. „Das Gutachten ist ein Totschlagargument“, kritisiert Lintl. „Man kann sich unschwer ausmalen, dass die Sprinkenhof nicht traurig darüber ist.“ Das städtische Unternehmen, das die Gewerbeflächen der Stadt Hamburg verwaltet, wolle das Grundstück möglichst gewinnbringend vermarkten. Die Soulkitchenhalle steht dem im Weg. Immer wieder sollte sie deshalb geschlossen und abgerissen werden. Während die benachbarten Industriebauten abgebaggert wurden, arbeitete das Soulkitchen-Kollektiv an der Sanierung seiner Heimstätte und rettete es so vor dem Abriss.

Party zum dreijährigen Bestehen steigt in Notunterkunft

Nun soll das Aus für die Halle besiegelt sein. Mathias Lintl glaubt noch nicht daran. Er und seine Mitstreiter wollen weitermachen – nur wie, das ist noch unklar. „Gutachter anzuzweifeln, das ist in dieser Phase ein sinnloses Unterfangen“, sagt er. Gern würde er Einspruch erheben. Doch das könnte teuer werden – und ohne die Einnahmen aus dem Kulturbetrieb, die bisher vor allem für die Instandsetzung der Halle draufgingen, ist nicht viel zu machen. „Wir knapsen gerade eh an allen Ecken und Enden“, sagt Mathias Lintl. „Irgendwann geht nicht nur die Kraft flöten, sondern auch das Geld.“

Die nächste Party aber steigt gewiss: Wie angekündigt will das Kulturkollektiv am Samstagabend das dreijährige Bestehen der Soulkitchenhalle feiern, mit Live-Musik und allem, was dazu gehört – nur ohne ein festes Dach über dem Kopf. Auf dem Nachbargrundstück haben die Kulturschaffenden ein kleines Zirkuszelt aufgebaut, als Notunterkunft für die Party. Die Show muss weitergehen.

von Annabel Trautwein

 

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Kommentare

5 Antworten zu „Soulkitchen-Halle steht vor dem Aus“

  1. […] Nachtrag 15.06 2013: Eine sehr gute Zusammenfassung der gestrigen Ereignisse und auch noch einige Hintergründe dazu findet Ihr hier: Wilhelmsburg online […]

  2. Avatar von WilhelmsburgOnline.de

    Auf Anfrage unserer Redaktion hat sich die Sprinkenhof AG zu einer Stellungnahme zurückgemeldet. Henning Tants, Vorstandssprecher der städtischen Liegenschaftsverwaltung, sagte, die Sprinkenhof AG habe am vergangenen Freitag eine Verfügung erhalten, auf der die sofortige Schließung der Soulkitchenhalle angeordnet worden sei. Das Schreiben sei gleichzeitig auch an die Betreiber der Halle geschickt worden. „Wenn in der Verfügung drinsteht 'Gefahr für Leib und Leben', dann ist die Sprinkenhof AG verpflichtet, sofort zu handeln“, sagte Tants. Immerhin habe die Sprinkenhof AG noch Container besorgt, in denen Teile der Einrichtung untergebracht werden konnten. „Wir haben da eine koordinierte Aktion durchgeführt“, sagte Tants.

    Warum die Betreiber nicht das vollständige Gutachten erhalten hätten, könne er nicht sagen. Die Statik der Halle sei weitergehend geprüft worden, nachdem die benachbarte Halle abgerissen worden war. Tants sagte im Gespräch mit WilhelmsburgOnline.de, das Gefahrenpotenzial an der Halle könne man auch von außen mit bloßem Auge erkennen.

    Auf unsere Frage, ob es schon konkrete Pläne gebe, wie das Grundstück der Soulkitchenhalle in Zukunft genutzt werden soll, konnte der Sprecher der städtischen Gewerbeflächenverwaltung keine Antwort geben. Auch was aus Sicht der Sprinkenhof AG mit der Halle geschehen solle und ob es eine Entschädigung für die Betreiber geben soll, ließ er offen. Die Betreiber hätten vier Wochen Zeit, gegen die Schließung zu klagen. Diese Frist müsse man nun abwarten.

    1. Avatar von Martin

      Also bis auf die Umstände der Schliessung nichts konkretes.
      Dass die SpriAG keine Pläne für das Grundstück hat, ist eher unwahrscheinlich. Die werden genau wissen, was sie damit machen wollen.
      Aber dazu eine Antwort von Herrn Tants zu erwarten, wäre wohl müssig…

  3. Avatar von Mmmmmm yyess
    Mmmmmm yyess

    "by the loud bass sound waves or vibrations generated by dancing."

    I can think of worse ways to go…

    So much money goes into shit development in Wilhelmsburg now that the one true building that is funky and genuinly full of life and soul can't be kept going. Such a shame for the people who put a lot of hard work into an amazing location and place.

    SoulKitchen was (and lets still hope is) the venue for many a great stomp and peaceful time.
     

  4. Avatar von Matze W.
    Matze W.

    Tja,

    hier hätte man die Chance gehabt, einen Kreativstandort zu fördern – und Wilhelmsburg etwas von dem zu lassen und zu geben, was es lebenswert sein lässt.

    Die Soulkitchen könnte der Nährboden sein, für kreatives, friedliches und gebildetes Kulturdenken. Für Stadtentwicklung von der Basis – für "kleines Geld". Als naher Ort der Erholung und Tanzboden der Industrie.

    Schade, dass die Kulturlenker der Stadt und deren Komplizen immer wieder auf ihre eigene Torheit und fehlegeleiteten Kulturkonzepte reinfällt – wann wird es endlich mal besser in dieser Stadt.

    Oder sollen wir alle nach Berlin ziehen, um Platz zu schaffen, für Parkplätze, Einkaufszentren und Boutiquen der bürgerlicher Alsterflaneure?

    Hamburg, du bist ekelhaft zu mir!

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