Opernfundus kommt nicht nach Wilhelmsburg

Jetzt steht es fest: Der Opernfundus wird nicht nach Wilhelmsburg umziehen. Aus Senatskreisen bekam WilhelmsburgOnline.de die Bestätigung. Die Senatskommission hat demnach am Donnerstag beschlossen, dass das Lager für Kulissen und Kostüme und die Dekorationswerkstätten der Hamburgischen Staatsoper in Rothenburgsort angesiedelt werden sollen. Für die Mieterinnen und Mieter der Zinnwerke ist der Beschluss ein Etappensieg: Feiern wollen sie erst, wenn auch die Mietverträge gesichert sind. Ihr langfristiges Ziel ist der Erhalt aller Kleinunternehmen und Kulturstätten am Veringkanal. Dazu zählt auch die Soulkitchen-Halle, die akut von Räumung und Abriss bedroht ist.

„Am Anfang haben uns alle gesagt: Das werdet ihr nie schaffen. Das gab es noch nie, dieser Bürgermeister hat noch keine Entscheidung zurückgenommen“, erzählt Marco Antonio Reyes Loredo. Nun ist es doch geschehen: Die Senatskommission hat in einer Sitzung hinter verschlossener Tür am Donnerstag ihren ursprünglichen Beschluss zurückgenommen. Statt am Veringkanal ein Hochregallager für die Staatsoper zu errichten, soll der Opernfundus nun nach Rothenburgsort verlegt werden, wie WilhelmsburgOnline.de aus Senatskreisen erfuhr.

Für die Mieterinnen und Mieter am Veringkanal, die sich monatelang für den Erhalt des Standorts und ihrer Arbeitsplätze eingesetzt haben, hat sich der Protest gelohnt. „Ich habe mal gesagt: Wenn wir das wirklich schaffen, dann schreibe ich mir in den Lebenslauf zwischen März und August 'Senatsentscheidung gekippt'“, sagt Christin Hinrichs. Die Kampagne „Zinn macht Sinn“ war für alle ein Mammutprojekt zusätzlich zum Tagesgeschäft. „Wir sind ja hier nicht nur, um irgendwelche Projekte zu vermeiden. Wir sitzen hier eigentlich und arbeiten, um Geld zu verdienen“, sagt die Wilhelmsburgerin. Das Arbeitspensum für die Kampagne lasse sich gar nicht beziffern, sagt Marco Antonio Reyes Loredo. Anstrengend und zeitaufwendig war es auf jeden Fall – da sind sich alle einig.

"Nur ein Teilerfolg"

Die Gefahr, vom Opernfundus verdrängt zu werden, ist nun gebannt. Die Korken knallen trotzdem noch nicht. „Natürlich freuen wir uns alle“, sagt Jörg Ehrnsberger. „Aber es ist erst einmal ein Teilerfolg. Entscheidend ist, dass die Sprinkenhof AG auch den nächsten Schritt macht und anerkennt, dass der Kündigungsgrund weggefallen ist.“ Die städtische Liegenschaftsverwaltung, der die Fläche Am Veringhof 1-7 gehört, hat die Kündigung der Mietverträge noch nicht rückgängig gemacht. „Es ist nach wie vor so, dass wir zum 30.9. ausziehen müssten – Opernfundus hin oder her. Der wichtigste nächste Schritt wäre für uns, zu wissen, dass wir hier bleiben können“, sagt Christin Hinrichs. Getränkehändler Rolf Meerkötter hat für den Moment schon ein Fass in Aussicht gestellt. Zufrieden wäre er aber nur mit einer langfristigen Lösung – „nicht wieder so'n Tüddelkram mit drei Monaten Kündigungsfrist und so weiter. Die Leute hier wollen ja auch ein bisschen in die Zukunft investieren.“

Die Zukunft des Veringkanals – das ist das nächste große Projekt, mit dem sich auch Marco Antonio Reyes Loredo befassen will. „Weiterhin ist die Entscheidung der Senatskommission nur ein Schritt auf dem langen Weg zum Kulturkanal“, sagt er. Ein Konzept zu dieser Idee gibt es zwar noch nicht, doch aus der Sicht des Filmproduzenten ist gerade das eine Chance. „Jetzt muss so etwas wie ein Katalog oder eine Zielrichtung vorgegeben werden“, sagt Marco Antonio Reyes Loredo. Daran sollen nach seiner Vorstellung alle Ansässigen mitwirken – nicht nur die Kulturunternehmer am Kanal und andere Firmen wie der Getränkeladen, der Autoteilehandel von Oktay Akkaya und die Lackierwerkstatt Dirik, sondern auch Anwohner und politische Gremien aus dem Stadtteil. Das Angebot zum Dialog stehe nach wie vor. „So habe ich auch die Politik immer verstanden“, sagt er.

Solidarität mit Soulkitchen

Am anderen Ufer des Veringkanals dagegen ist von Dialogbereitschaft der Politik bislang wenig zu erkennen: Das Soulkitchen-Kollektiv und ihre Gäste feiern, solange sie noch können. Am 31. August soll ihre Halle mitsamt der benachbarten Außenfläche geräumt sein, damit die Abrissbagger anrollen können. Die Sprinkenhof AG besteht darauf, den Platz als Gewerbe- und Industriefläche aufzubereiten und zu vermarkten. Das trübt auch in den Zinnwerken die Stimmung. „Ich kann mich nicht richtig freuen, wenn ich das Gefühl habe, da hinten geht irgendwann die Lampe aus“, sagt Sanne Neumuth. Marco Antonio Reyes Loredo stimmt ihr zu: „„Es ermahnt ja zum Realismus, wenn wir zwar gerettet sind, aber da drüben quasi der Totentanz aufgeführt wird. Das geht nicht zusammen, da wird noch was passieren müssen.“

von Annabel Trautwein

 

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Kommentare

Eine Antwort zu „Opernfundus kommt nicht nach Wilhelmsburg“

  1. Avatar von H-J Maass
    H-J Maass

    "Ihr langfristiges Ziel ist der Erhalt aller Kleinunternehmen und Kulturstätten am Veringkanal. Dazu zählt auch die Soulkitchen-Halle, die akut von Räumung und Abriss bedroht ist." – ich könnte Euch knutschen!

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