Hart oder herzlich: Der Towers-Coach im Interview

Seit einigen Wochen erst ist Hamed Attarbashi als Cheftrainer der Hamburg Towers tätig. Michael Keller von WilhelmsburgOnline.de traf sich mit dem Trainer zu einem Gespräch unweit der Basketball-Halle am Inselpark. Die ist zwar noch nicht ganz fertig, soll aber zum ersten Heimspiel am 19. Oktober inklusive Tribünen genutzt werden können. Dass Hamed Attarbashi das Projekt sehr am Herzen liegt, merkt man dem gebürtigen Hamburger sofort an. Er war bereits in Hamburg als Jugendtrainer tätig und zuletzt mehrere Jahre Co-Trainer bei den Eisbären Bremerhaven.

Die Mannschaft der Towers ist gerade erst komplett und soll sich in sechs Wochen schon beweisen. Wie schaffst du es, in so kurzer Zeit aus Einzelspielern ein Team zu formen?

Das ist eine sehr gute Frage, die mich die ganze Zeit über fordert. Normalerweise hast du als Trainer Spieler, die schon zusammengespielt haben oder die du im Jahr vorher trainiert hast. Deshalb ist es besonders wichtig, dass ich den Spielern deutlich vermitteln kann, was ich von ihnen erwarte. Wenn ich das zu schwammig formuliere, geht das nicht. Bei der Zusammenstellung des Teams haben wir auch auf den Charakter der Spieler geachtet. Die Vorgehensweise war weniger zu sagen: „Wir brauchen einen Linkshänder und einen Rechtshänder“, sondern zu gucken, was die Leute vorher gemacht haben und wie motiviert sie sind.

Wie würdest du dich selbst als Trainer beschreiben? Arbeitest du streng nach Konzept oder aus dem Bauch heraus?

Als Trainer muss man eine Mischung aus beidem hinbekommen. Klar gibt es Richtlinien, die für das Training wichtig sind, aber du musst auch deiner Intuition vertrauen können. Dafür ist ein gewisses Maß an Erfahrung sehr wichtig.

Das heißt, du kannst auch mal streng sein…

Klar, hart oder herzlich. Die Hauptsache ist doch, dass die Spieler wissen, woran sie sind. Wenn es heute mal so ist und morgen dann anders, wird das schwierig. Sicher kann ich auch mal streng sein; aber vor allem versuche ich, alle Spieler gleich zu behandeln, damit sie wissen, was sie erwarten können. Das ist das wichtigste, glaube ich.

Gibt es einen Star im Team?

Nein, die Mannschaft steht immer im Mittelpunkt. Natürlich haben wir auf der einen Seite erfahrene und auf der anderen Seite junge Spieler, aber alle arbeiten hart und versuchen, das Projekt Hamburg Towers gemeinsam nach vorne zu bringen. Wenn sich da eine Person zu sehr in den Vordergrund stellen würde, wäre das auch nicht gut.

Wie sind die Arbeitsbedingungen bei den Hamburg Towers? Fühlst du dich gut aufgehoben?

Wir sind noch ganz am Anfang. Wie heißt es so schön: Jeder Tausend-Meilen-Lauf beginnt mit dem ersten Schritt. In diesem Stadium befinden wir uns jetzt, da tauchen natürlich etliche Hürden auf. Aber alle hängen sich rein und arbeiten am Limit, darum fühle ich mich wohl. Deshalb bin ich ja schließlich hier: um mit anzupacken. Ich liebe neue Herausforderungen, deshalb bin ich im Leistungssport tätig.

Starten die Hamburg Towers als Underdog?

Nein, ich glaube nicht, dass die Leute uns als Underdog betrachten. Ich habe eher das Gefühl, dass die Erwartungen sehr hoch sind. Wir fangen hier in allen Bereichen bei null an, und Menschen, die so etwas noch nie gemacht haben, können kaum einschätzen, wie aufwendig das ist. Jetzt haben wir eine Reihe von Testspielen. Wenn wir es schaffen, dass die Leute Lust haben, uns spielen zu sehen, dann haben wir schon eine ganze Menge erreicht.

Welcher Platz in der zweiten Basketball-Bundesliga Pro A ist in der ersten Saison der Hamburg Towers realistisch? Oder wollt ihr erst einmal ankommen?

Also nur ankommen ist ein bisschen wenig. Unser Ziel ist es, unabhängig von der Tabelle, für etwas zu stehen: Wir wollen uns etablieren und guten Basketball zeigen. Mit dem Abstieg wollen wir nichts zu tun haben, das ist sicher. Aber in Bezug auf einen Tabellenplatz ist es noch viel zu früh, um etwas konkretes zu sagen. Wir müssen uns jetzt konzentriert vorbereiten und wollen dann gut aussehen.

Du hast bei den Eisbären Bremerhaven langjährige Erfahrungen in der Jugendarbeit gesammelt. In Wilhelmsburg soll die Inselakademie dem Profisport eine Basis geben. Wie bewertest du diesen Anspruch?

Ich freue mich nicht nur darüber, ich finde es herausragend. Dieses ganze Umfeld war mit einer der Gründe, warum ich mich gefreut habe, wieder in Hamburg arbeiten zu können. Die Hamburg Towers sind nicht irgendein beliebiger Verein, sondern er steht für etwas. Ich habe mein Leben klang neben dem Leistungssport Jugendarbeit gemacht, und deshalb kann ich mich so gut mit dem Verein identifizieren.

Gibt es einen Austausch zwischen den Jugendlichen und den Profis?

Der ist absolut erwünscht und wird auch gefördert. Allein dadurch, dass alle in derselben Halle trainieren, gibt es einen beständigen Kontakt. Ich habe schon Jugendspieler mit zum regulären Training der Profis genommen, damit sie sich gegenseitig kennenlernen und damit eine Beziehung entsteht, und ich werde auch in Zukunft regelmäßig das Jugendtraining besuchen.

Das erste Heimspiel der Towers ist am 19. Oktober. Freust du dich auf Basketball in der eigenen Halle?

Na klar. Das erste Vorbereitungsspiel in Hamburg werden wir noch an einer Ausweichspielstätte in Wandsbek austragen, aber alle unsere Heimspiele finden hier statt. Unsere Heimat ist hier in Wilhelmsburg, da gibt es kein Wenn und Aber.

Glaubst du, dass die Hamburg Towers in Wilhelmsburg gut ankommen?

Da bin ich mir ziemlich sicher. Wenn wir hier alle wohnen, wenn die Spieler hier wohnen, dann sehen die Menschen, dass wir ein Teil des Viertels sind, und kommen auch gerne zu unseren Spielen. Ich selbst werde alles dafür tun, um die Leute mitzunehmen, indem ich zum Beispiel hier herziehe. Wir wollen Kinder und Jugendliche für Basketball begeistern. Und wenn wir es schaffen, dass wir eine Vorbildfunktion für sie einnehmen können – um so besser.

 

Das Interview führte Michael Keller

 

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Eine Antwort zu „Hart oder herzlich: Der Towers-Coach im Interview“

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