Ein Kunstfestival für die Nachbarschaft

Kunstgenuss für alle: Am zweiten Septemberwochenende gibt es auf den Elbinseln viel zu entdecken. 90 Künstlerinnen und Künstler zeigen bei den Kunst- und Ateliertagen ihre Werke, lassen sich bei der Arbeit über die Schulter schauen oder laden zum Mitmachen ein. Das Ausstellungsgebiet zählt 30 Orte: Ateliers und Werkstätten, Wohnzimmer und Gartenlauben, Cafés und Läden öffnen ihre Türen für kunstinteressierte Gäste. Was sich dahinter jeweils verbirgt, entscheiden die Künstler frei. Ein übergeordnetes Thema gibt es bei den Kunst- und Ateliertagen ebenso wenig wie Eintrittspreise.

Malen statt Fernsehen – so kam Heinz Borck zur Kunst. Der 87-Jährige hat sich auf Landschaftsmalerei spezialisiert, viele seiner Aquarelle und Acrylbilder zeigen Motive aus Wilhelmsburg wie das Heuckenlock oder die Bunthäuser Spitze. „Wenn ich ein schönes Motiv sehe, mache ich ein Foto und male es dann“, erzählt er. Nun steht die erste öffentliche Ausstellung an: Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Ilse Chmarzynski lädt Heinz Borck ins Gartenhäuschen an der Schönefelder Straße ein, wo seine Bilder bereits gerahmt an der Wand hängen. Ob jemand eins kaufen möchte, ist für Heinz Borck zweitrangig. „Die Besten sind in der Familie geblieben“, sagt er. Nach einem erfüllten Berufsleben, das er als Rentner mit eigener Firma noch um einige Jahre ausdehnte, kann er gut damit leben, in der Kunst Amateur zu bleiben. Dennoch ist er gespannt auf die Reaktionen seines Publikums. „Ich habe auch einen Fragebogen vorbereitet, mit Fragen wie 'Welches Bild gefällt ihnen am besten'“, sagt er.

Niemand soll sich verbiegen müssen

Kunst ist zum Teilen gedacht, findet Kathrin Milan, die die Kunst- und Ateliertage ins Leben gerufen hat. Die kreativen Köpfe im Stadtteil sollen sich kennenlernen und gemeinsam neue Ideen entwickeln, von denen dann alle etwas haben. Beim Kunstfestival der Nachbarschaften können die Künstlerinnen und Künstler sich mit dem präsentieren, was ihnen persönlich wichtig ist. Deshalb gibt es auch in diesem Jahr bewusst kein Thema oder Motto. „Diese großen Themenausstellungen haben immer etwas mit den Ideen anderer zu tun“, sagt Kathrin Milan. Bei der Werkschau in Wilhelmsburg und auf der Veddel soll sich niemand verbiegen müssen. Auch dem Publikum wollen Kathrin Milan und ihre Mitstreiter keine Schranken setzen – der Eintritt zu den Ausstellungen ist daher ebenso kostenlos wie die Teilnahme an Kursen und Workshops.

Der Illustratorin Kirsten Maria Peter gefällt dieses offene Konzept. Im vergangenen Jahr machte sie zum ersten Mal bei den Kunst- und Ateliertagen mit. „Es war schön, die anderen Künstler kennenzulernen“, erzählt die 38-Jährige. In diesem Jahr stellt sie im Atelierhaus Witternstraße 2 Illustrationen aus einem veganen Kochbuch aus, dazu gibt es Schnittchen aus dem Wilhelmsburger Frühstückscafé „Die bessere Hälfte“. Für erzählende Bilder ist die Künstlerinnengemeinschaft an der Witternstraße diesmal erste Adresse: Neben Kirsten Maria Peter zeigen auch Regina Buck, Claire Lenkova und Verena Muckel Illustrationen, bei Lotte Bräuning gibt es zudem einen „Krikelkrakel-Workshop“ für Kinder. Dazu stellt Anne Timm ihre Zeichnungen aus, Christian Thomas präsentiert Graffitikunst und Gesa Kenz bietet kostenlose Shiatsu-Behandlungen an.

Kunstwerke zum Aufessen

Um den Austausch zwischen den Machern zu erleichtern und für das Publikum die Wege zu verkürzen, sind in diesem Jahr viele Ausstellungen um einzelne Orte gruppiert, erläutert Katrhin Milan. Wie in den vergangenen Jahren ist das Künstlerhaus Georgswerder einer von ihnen. Hier gibt es in diesem Jahr sogar Werke zum Aufessen: Die Künstlergemeinschaft veranstaltet einen „KuchenKunstKontest“, bei dem auch backfreudige Gäste ihre Kreativität beweisen können. Die schönsten Kuchen werden ausgestellt, bewertet und am Ende gemeinsam vertilgt. Für die übrigen Exponate jedoch gilt: Nur gucken, nicht anfassen. Hier sind vor allem Fotografien und Kunstobjekte zu sehen, etwa von Bianka Buchen, Mareike Engel, Michael Eicks, Gloria van Krimpen, Stefan Hauberg, Katarina Jensen oder Heinz Wernicke, der jedes Jahr einen Kalender mit Fotos aus Wilhelmsburg herausbringt. Diesmal will der Fotograf Porträts im Treppenhaus ausstellen.

Auch auf der Veddel, an den Ufern des Veringkanals und rund um den Bahnhof Wilhelmsburg soll am 13. und 14. September viel Kunst und Kultur zu entdecken sein. Dass die Ausstellungsorte näher zusammenrücken, helfe auch den Künstlern, sagt Kathrin Milan. „Es macht mehr Spaß, wenn man zu mehreren an einem Ort ist. Das schweißt die Leute zusammen.“ Schließlich sollen die Kunst- und Ateliertage nicht, wie viele andere Kunstveranstaltungen, von Konkurrenz geprägt werden, sondern von Kooperation und freundschaftlichem Miteinander. „Das haben wir hier auf den Elbinseln ganz gut geschafft“, findet Kathrin Milan.

von Annabel Trautwein

 

Infos auf einen Blick

  • Was: 4. Elbinsel Kunst- und Ateliertage
  • Wann: Samstag, 13. September + Sonntag, 14. September
  • Wo: Wilhelmsburg und Veddel
  • Details: Das vollständige Programm mit Lageplan findet ihr hier.

 

Noch ein Tipp:

Einen Vorgeschmack auf die Illustrations-Ausstellungen gibt es schon jetzt im Schaufenster der Buchhandlung Lüdemann (Fährstraße 26).

 

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