Fünf Tage lang sollten Menschen aus Wilhelmsburg vor der neuen Schwimmhalle kostenfrei in die Sauna gehen dürfen – mit diesem Plan, einer mobilen Sauna im Schlepptau und einigem Schwung fuhren die Organisatoren der Aktion „Verschwitzt“ am Ostersonntag vor dem Bad auf dem Gelände der internationalen gartenschau (igs) vor. Dampf machen durften Sanne Neumuth und Florian Tampe dort jedoch nicht. Der Geschäftsführer des Schwimmbades lehnte das Geschenk ab. Werner Preuß, Oberbauleiter der igs, drohte mit einem Strafantrag wegen Hausfriedensbruch – zum Ärger einiger Wilhelmsburger, die sich auf die Sauna gefreut hatten.
Es sollte ein Überraschungsgeschenk zur Eröffnung des neuen Bades sein: Eine CO2-neutrale Sauna auf dem Vorplatz der Schwimmhalle sollte allen Wilhelmsburgerinnen und Wilhelmsburgern kostenfrei offenstehen – täglich von 13 bis 23 Uhr, bis zum 4. April. Mit der Aktion wollten die Projektinitiatorin Sanne Neumuth und der Künstler Florian Tampe wiedergutmachen, was die Planer des Schwimmbades aus ihrer Sicht „verschwitzt“ hatten: Eine öffentliche Sauna als Teil des neuen Freizeitangebots in der Wilhelmsburger Mitte. Denn im Gegensatz zum früheren Schwimmbad an der Dratelnstraße hat die neue Schwimmhalle am Inselpark keine Sauna – was viele Wilhelmsburger bedauern, die früher regelmäßig das Angebot im öffentlichen Bad nutzten.
Nun bleibt auch die neue Schwimmhalle ohne Sauna. Er könne das Geschenk nicht annehmen, sagte Detlef Graue, der beim Betreiber Bäderland für die neue Schwimmhalle zuständig ist. Das Problem: Die Fläche vor dem Bad gehört ihm nicht. „Ich kann nicht fremden Boden vergeben oder verpachten“, sagte Graue. Zudem dürften keine schweren Fahrzeuge auf das Gelände fahren – darauf wiesen die Sicherheitsleute hin, die gleich nach Ankunft der mobilen Sauna versuchten, den Platz wieder zur räumen. Schließlich riefen sie die Polizei hinzu. „Eine mobile Sauna? Das ist ja nett“, sagte einer der Wilhelmsburger Beamten. Vom Grundsatz her sei die Aktion eine super Idee.
So fasste es auch Lutze von Wurmb auf. Als Chef der Firma Osbahr, die auf dem Gelände baut, ist er derzeit für den Vorplatz der Schwimmhalle verantwortlich. „Von mir aus kann das hier bleiben“, sagte von Wurmb, der am Sonntag zur Stelle war. Zwei Bedingungen stellte er jedoch: Die Aktion müsse am Dienstag um 7 Uhr morgens beendet sein – und die igs und die Internationale Bauausstellung (IBA) müssten ihr Einverständnis geben. Ihm sei die Aktion recht, sagte der Bauunternehmer. „Die machen doch nichts kaputt.“
Oberbauleiter der igs: "Störenfriede, nicht mehr"
Werner Preuß, Oberbauleiter der igs, stellte die Sache jedoch ganz anders dar: Er drohte den Organisatoren der Aktion mit einem Strafantrag wegen Hausfriedensbruch, sollten sie nicht binnen 15 Minuten mitsamt VW-Bus und Sauna-Anhänger verschwunden sein. „Wem tut das denn weh, wenn wir hier stehen?“, fragte Florian Tampe. „Sie stehen hier auf privatem Grund und Boden“, entgegnete Preuß. So ganz stimme das aber nicht, mischte sich ein Anwohner aus der Nachbarschaft ein. Das Gelände sei öffentlich. Es sei aber der igs gewidmet, sagte der Oberbauleiter – und die wolle die Sauna nun mal nicht haben. „Wir wollen die igs auch nicht haben“, gab eine Wilhelmsburgerin zurück.
Sanne Neumuth und Florian Tampe erwogen derweil, die Aktion andernorts fortzusetzen. „Wenn Sie es auf das IBA-Gelände stellen wollen, müssen sie davon ausgehen, dass sie auch da verjagt werden“, warnte Preuß. Er äußerte sich abfällig über die „Minderheit“, die so tue, als gehe ohne eine Sauna im Stadtteil die Welt unter. Dass Saunagänger aus Wilhelmsburg seit Schließung des alten Bades nach Stillhorn oder Harburg ausweichen müssen, beeindruckte ihn nicht. Den Organisatoren und Gästen der Aktion warf er vor, unnötig Kosten zu verursachen, weil er als Oberbauleiter an einem Sonn- und Feiertag ihretwegen im Einsatz sein müsse. „Och was, hier wurde doch eine Milliarde verbaut, darauf sind Sie doch stolz“, entgegnete ein Besucher aus dem Stadtteil. „Sind Sie so dämlich, oder tun Sie nur so?“, gab Preuß zurück. „Sie sind Störenfriede, nicht mehr.“
Dieser Ablehnung wussten Florian Tampe und Sanne Neumuth nichts entgegen zu setzen. „Schade, dass hier keine kooperative Lösung möglich ist“, sagte ein Gast der Aktion. Die Organisatoren räumten das Gelände. „Es war teuer genug“, seufzte Florian Tampe. Rund 800 Euro hätten die beiden in das Eröffnungsgeschenk investiert, sagte Sanne Neumuth – zusätzlich zu Arbeitskraft und Freizeit. Dennoch war die Mühe nicht umsonst: Die Aktion „Verschwitzt“ soll nun auf dem Gelände Am Veringhof 7 stattfinden – mit dem Einverständnis der dort ansässigen Unternehmen. „Wir werden vorerst hier bleiben“, kündigte Sanne Neumuth an. Bis Donnerstag soll die Sauna täglich ab 13 Uhr offen sein. Auch spontane Besucher seien willkommen. „Wir haben Handtücher und Decken da“, sagt die Initiatorin.
von Annabel Trautwein
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