Pläne für Neubau bedrohen Arbeitsplätze am Veringkanal

Die Werkstätten und der Fundus der Hamburgischen Staatsoper sollen nach Wilhelmsburg ziehen – in ein neues, mindestens 14 Meter hohes Gebäude direkt am Veringkanal. Das hat der Senat beschlossen. Die Opernwerkstätten und das Lager für Bühnenbilder und Kostüme können nicht an dem bisherigen Standort in Barmbek bleiben, weil dort Wohnungen gebaut werden sollen. Warum aber alles nach Wilhelmsburg umsiedeln soll, wo erst ein neues Gebäude errichtet werden muss, ist vielen ein Rätsel. Denn es gibt Alternativen – und der geplante Neubau gefährdet Arbeitsplätze im Viertel.

Am Veringhof 7 soll die neue Adresse der Opernwerkstätten sein. Dort stehen die früheren Wilhelmsburger Zinnwerke, in deren Räumen heute 24 Wilhelmsburgerinnen und Wilhelmsburger arbeiten. Auch der Getränkemarkt Meerkötter hat hier eine Bleibe gefunden. Nun sollen die alten Zinnwerke abgerissen werden. Die Sprinkenhof AG, der die Flächen gehören, will dort ein neues Gebäude für Fundus und Werkstätten der Oper bauen lassen. „Für uns wäre das der schlimmste anzunehmende Fall“, sagt Marco Antonio Reyes Loredo, einer der Mieter in der Bürogemeinschaft.

„Wir haben so viel Arbeit geleistet, diesen Ort wieder zu erschließen“, sagt er. Seit 1962 sei in dem Gebäude nichts mehr hergestellt worden. Nun produziert er selbst dort die Sendung „Konspirative Küchenkonzerte“. Andere Mieter in der Bürogemeinschaft arbeiten etwa in Bildungsprojekten, schreiben Bücher, gestalten Webseiten, drehen Filme oder machen Musik. „Wir wollen diese alten Wilhelmsburger Zinnwerke wieder zu einem Ort der Produktion machen“, sagt Marco Antonio Reyes Loredo. Deshalb setzen er und seine Büronachbarn sich für den Erhalt des historischen Gebäudes ein.

Aus ihrer Sicht ist am Veringhof 7 genau das entstanden, was die Stadt Hamburg sich wünscht: Eine kreative Szene, die vergessene Orte in der Stadt mit neuem Leben füllt. Die Büros und den Getränkehandel für einen mindestens 14 Meter hohen Neubau dicht zu machen, passe auch überhaupt nicht zum Stadtplanungskonzept des Senats, sagt Marco Antonio Reyes Loredo. In Wilhelmsburg sollen kreative Firmen gefördert werden, es sollen kleine Bauten entstehen, der Weg zum Wasser soll frei werden. „Jetzt soll das alles nicht mehr aktuell sein? Das kann ich mir gar nicht vorstellen“, sagt der Produzent.

Ärger in der Bezirksversammlung

Auch die Politiker der Fraktionen in der Bezirksversammlung sind skeptisch. Der geplante Neubau würde in Wilhelmsburg eine Entwicklung zunichte machen, die gerade erwünscht sei, kritisieren SPD, CDU, Grüne, Linke und Piraten im Gespräch mit WilhelmsburgOnline.de. Auch sei das geplante Gebäude viel zu hoch. Die SPD- und die FDP-Fraktion fordern deshalb die Planer in einem Eilantrag auf, die Höhe des Gebäudes auf 14 Meter zu begrenzen. Die Mieter des jetzigen Gebäudes sollen, wenn sie den Opernwerkstätten Platz machen müssen, neue Büroräume bekommen – nicht zu weit weg und nicht zu teuer. Auch dürfe der Weg zum Wasser nicht verbaut und die Verkehrslage nicht verschärft werden, sagen SPD und FDP. Den übrigen Fraktionen der Bezirksversammlung reicht das nicht. Sie sind entschieden dagegen, dass die Opernwerkstätten an den Veringkanal ziehen. Außerdem kritisieren sie, dass der Senat die Sache einfach allein beschlossen hat, ohne die Bezirksversammlung zu fragen.

Laut Jörn Frommann, Chef der CDU-Fraktion, hatte die Senatskommission ein Gutachten in Auftrag gegeben, um weitere Orte für die Opernwerkstätten zu prüfen. „Von den vier Standorten, die da vorgeschlagen wurden, wurden zwei als geeigneter dargestellt – und die liegen in Moorfleet und in Billbrook“, sagt er. Tatsächlich seien vier Orte geprüft worden, bestätigt ein Sprecher der Finanzbehörde auf Anfrage von WilhelmsburgOnline.de. „Unter gesamtstädtischen Gesichtspunkten“ habe sich der Senat für das Gelände am Veringkanal entschieden. Warum es anderen Standorten vorgezogen wurde, konnte der Sprecher bislang nicht erläutern. Die Grünen wollen nun, dass der Senat die Gründe für ihre Entscheidung offenlegt. Alle Bürger und Fraktionen sollten sich das Gutachten selbst ansehen dürfen, sagt der Bezirks-Fraktionschef Michael Osterburg.

Noch hat Marco Antonio Reyes Loredo keine Kündigung des Vermieters bekommen. Er rechnet jederzeit damit. „Man würde etwas zerstören, was man heute noch gar nicht sehen kann, nämlich die ganzen Entwicklungsmöglichkeiten“, sagt er. Nach wie vor seien viele Menschen daran interessiert, in den alten Zinnwerken zu arbeiten – auch für die noch leerstehende große Halle gebe es Interessenten. „Bislang können wir nur Gutes über die Sprinkenhof AG sagen“, findet Marco Antonio Reyes Loredo. „Die haben uns ein tolles Gebäude gegeben, wir haben hier die Möglichkeit, uns zu entwickeln – und das machen wir jetzt auch.“

von Annabel Trautwein  

 

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Kommentare

Eine Antwort zu „Pläne für Neubau bedrohen Arbeitsplätze am Veringkanal“

  1. Avatar von zven
    zven

    Schon komisch: Einerseits versucht die Stadt den Stadtteil Wilhelmsburg mit viel Geld „zu entwickeln“. Andererseits soll hier etwas dass sich selbst und ohne viel Geld zu einem tollen Ort der Kreativität und zu einem Arbeitsplatz für viele Wilhelmsburger entwickelt hat nun weichen…

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