von Annabel Trautwein, Redaktion WilhelmsburgOnline.de
Was auch immer hinter dem Steinwurf steckt: Kritik ist das nicht. Denn wer ernsthaft kritisiert, stellt sich der Auseinandersetzung. Echte Kritiker urteilen anhand von Argumenten und erkennen an, dass auch andere Standpunkte als der eigene berechtigt sein können. Wer die Auseinandersetzung einfach überspringt und sein persönliches Urteil mittels Steinwurf vollstreckt, ist meiner Ansicht nach nicht kritisch, sondern spießig.
Dasselbe gilt für Journalisten, die Menschen beschuldigen, mit denen sie nicht gesprochen haben. Sie machen damit viel kaputt. Sie verletzen ihre Pflicht, sorgfältig zu recherchieren und unvoreingenommen zu schreiben. Damit zerstören sie das Vertrauen in eine faire Presse. Die Journalisten, die nun nach dem Steinwurf in Wilhelmsburg ihr schnelles Urteil gefällt haben, zerstören im schlimmsten Fall noch mehr: Sie stellen Menschen, die sich mit der IBA auseinandersetzen und sich im besten Sinne kritisch für ihren Stadtteil engagieren, als Gewalttäter dar. So gefährden sie den Zusammenhalt der Menschen in Wilhelmsburg.
Nun kommt es auf uns an. Wir können einfach glauben, was in der Zeitung steht. Wir können auf das Feindbild „gewaltbereite Krawall-Protestler“ zurückgreifen und das schlussfolgern und verbreiten, was nach ersten Mutmaßungen naheliegend erscheint. Das Ergebnis wäre vermutlich, dass die meisten mit „solchen Leuten“ nichts zu tun haben wollen.
Wir können aber auch kritisch sein und mit den Menschen sprechen, die öffentlich verdächtigt und beschuldigt werden. Wir können uns ihre Argumente anhören und uns damit auseinandersetzen. Das Ergebnis wäre vermutlich nicht, dass wir uns alle einig sind. Aber wir würden uns einbringen und könnten uns gemeinsam für unseren Stadtteil stark machen. Diesen Zusammenhalt sollten wir nicht vorschnell aufs Spiel setzen. Es kommt noch einiges auf uns zu.
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