Unmut am Gartenzaun

Im Herzen der Elbinsel wird kräftig geackert. Die internationale gartenschau (igs) soll am Wochenende eröffnet werden. Hinter den Kassenhäuschen sollen Gäste die ganze Welt entdecken: 80 Gärten stellen die Regionen der Erde dar, von der Wüste bis zum Regenwald, von Australien bis zum Alten Land. Das nimmt Platz weg – etwa so viel Platz wie 140 Fußballfelder zusammen. Drumherum verläuft die Grenze zwischen igs und Wilhelmsburg: Der wohl längste Gartenzaun der Stadt.

Bald wird der Zaun geöffnet: Von Samstag an können zahlende Gäste und Wilhelmsburger mit „Nachbarschaftskarte“ das igs-Gelände erkunden. Bis zum 13. Oktober sollen es rund 2,5 Millionen Besucher sein, schätzen die Veranstalter. Gemeinsam mit Politikern, Sponsoren und vielen Gartenfreunden fiebern sie der Eröffnung entgegen.

Elisabeth Majeric dagegen wartet auf das Ende der igs. „Da freue ich mich drauf, wenn das vorbei ist“, sagt die Wilhelmsburgerin. Seit mehr als einem Jahr steht der Zaun in ihrer Nachbarschaft, nur wenige Meter von ihrer Haustür entfernt. Dahinter liegt der Park, in dem sie früher oft mit ihrer kleinen Tochter Roselyn unterwegs war – zum Spaziergang oder zum Rutschen auf dem kleinen Spielplatz. Der Spielplatz ist größer und moderner geworden, aber das bringt den beiden nichts. Der Zaun ist im Weg. „Viele Kinder sind trotzdem darunter durch oder drumherum geklettert, aber dann haben sie auch die Lücken zugemacht, damit sich keiner durchschleichen kann“, erzählt Elisabeth Majeric.

Für sie und ihre Nachbarn hat die igs bisher nur Baulärm und Umwege gebracht. Immerhin behalten sie einen neu gestalteten Park – darauf freut sich Elisabeth Majeric schon. Dass manche Freizeitangebote wie der Hochseilklettergarten oder die Nordwandhalle Eintritt kosten, stört sie nicht, solange die Parkflächen kostenfrei bleiben. „Wenn man etwas Besonderes machen will, kann man auch Eintritt zahlen“, findet sie.

Was Elisabeth Majeric stört: „Dass man jetzt nur noch mit Eintritt reinkommt und dass es nicht mehr so viel Spielmöglichkeiten für Kinder gibt“, wie sie sagt. Zwar muss sie als Wilhelmsburgerin nicht für jeden Besuch zahlen. Mit der „Nachbarschaftskarte“ hat sie dreimal Eintritt frei. Die hat sie auch schon bei der igs-Geschäftsstelle am Inselpark beantragt. Um die Freikarte einzulösen, muss sie jedoch rund einen Kilometer zum nächsten igs-Kassenhäuschen laufen. Die Strecke zum Spielplatz auf der anderen Zaunseite ist noch einmal so lang. Auf spontane Spaziergänge oder Rutschpartien im Park nebenan wird sie also trotz Freikarte verzichten müssen. Auch dass Kinder unter sechs Jahren kostenlos auf das Gelände dürfen, nützt Wilhelmsburger Eltern im Alltag nur wenig. „Die Begleitperson muss ja bezahlen“, sagt Elisabeth Majeric.

Vorschlag: Park an einem Nachmittag pro Woche öffnen

Es ginge auch anders, sagt die Wilhelmsburgerin. „Die igs-Leute könnten mal gucken, welcher Tag weniger besucht ist. Dann könnte man ab einer gewissen Uhrzeit die Anwohner reinlassen, zum Beispiel mit einem Anwohnerschein“, schlägt sie vor. „Was ich auch gut fände: Wenn man kleine Bereiche machen würde wie den Spielplatz, wo man auch so reinkommt. Das muss ja nicht viel sein“, sagt sie.

Bei der igs finden die Vorschläge bislang wenig Anklang. „Wir können nicht fünf Minuten vor zwölf die Regeln ändern“, sagt Sprecher Michael Langenstein auf Anfrage von WilhelmsburgOnline.de. Die bestehenden Angebote seien klar und deutlich formuliert und vom igs-Aufsichtsrat beschlossen. Ohne den könne ohnehin nichts entschieden werden. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich da noch etwas ändern wird“, sagt der igs-Sprecher. Elisabeth und Roselyn Majeric werden also bis Oktober warten müssen. Dann soll die igs ihre Zelte wieder abbrechen – und den Zaun.

von Annabel Trautwein

 

 

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Kommentare

7 Antworten zu „Unmut am Gartenzaun“

  1. Avatar von Elisabeth Majeric
    Elisabeth Majeric

    Ja, meine kleine wird sich sehr freuen, wenn der Zaun vor unserer Tür wieder weg ist und wir unseren Spielplatz und Park zurück haben.

  2. Avatar von tingel
    tingel

    uh yeah… das warten auf die touristenflut und das anschließende fallen der zäune und die spannung wie es hier nach igsba wohl ausschauen mag… – danke für eure artikel! – hilft auch die zeit zu überbrücken.

  3. Avatar von Heinz R. - Kleingärtner
    Heinz R. – Kleingärtner

    Wann der Zaun endlich fällt steht noch nicht fest. Die igs sagt: „nicht vor Sommer 2014“ und da das Datum nun schon drei Mal verschoben wurde (ursprünglich hieß es, „sofort nach Ende der Gartenschau“) glaube ich auch nicht, dass die bis Sommer 2014 mit ihren Rückbauarbeiten fertig sind. Die kriegen es ja auch nicht hin, den Park oder die Häuser pünktlich fertig zu bauen.

    Und selbst dann ist fraglich, ob der Zaun weg kommt. Siehe Planten un Blomen, da steht der Zaun immer noch und um spätestens 22 Uhr wird man rausgeworfen.

    Ich würde ja vorschlagen nach dem ganzen Eröffnungsrummel nachts einfach ein paar „Seiteneingänge“ zu machen, die finden die Kinder dann schon von ganz alleine und vielleicht sind sie ja groß genug, damit auch Erwachsene durch passen. Das ist schließlich unser Park!

  4. Avatar von Rolfi

    Ich finde die drei „Freitage“ der IGS für Wilhelmsburger für ein nicht besonders gelungenes Konzept. Vorstellen könnte ich mir einen Eintritt von z.B. 1€ vorstellen. Den würde ich zahlen und die Gartenschau mehr als an drei Tagen besuhen.

  5. Avatar von Martin
    Martin

    Genauso sehe ich das auch.
    Wenn ich alleine an das umständliche Vergabeverfahren denke, ich war insgesamt vier mal da, bis die Karten fertig waren.
    Und das man jedes mal seinen Ausweis zeigen musste, hinterlässt auch eher den Eindruck, da nicht wirklich willkommen zu sein .

  6. Avatar von Chris
    Chris

    „Die bestehenden Angebote seien klar und deutlich formuliert und vom igs-Aufsichtsrat beschlossen. Ohne den könne ohnehin nichts entschieden werden.“ Klartext: Warum sollen wir denn einen Finger für Euch rühren, das macht doch nur Arbeit und zahlen wollt ihr ja eh nicht… Die IGS ist eben nicht für Wilhelmsburg, sondern für 60jährige Touris konzipiert, die auch 21 Euro ohne Weiteres blechen können.
    Das mit dem Nachbarschaftsticket ging bei mir zwar problemlos – wurde sofort ausgestellt, so dass ich nach 5 Minuten rein konnte. Aber ehrlich gesagt ist die IGS eine bloße Anhäufung merkwürdiger, pseudo-tiefsinnger Projekte (das Pflanzen „Cinema“ zB – eine grüne Wand, an der Wasser runter läuft – ich hab gedacht, gleich kommt jemand und sagt „verarscht!“), die im Leben keinen Eintrittspreis von 21 Euro rechtfertigen…
    Wenn der Zaun, der den Stadtteil trennt, dann auch noch lange nach dieser nervigen Ausstellung weiter stehen bleiben sollte, würde ich mich nicht drüber ärgern, wenn er außerplanmäßige Eingänge verpasst bekommt.

  7. Avatar von WilhelmsburgOnline.de

    Eine Ergänzung aus der Redaktion: Wir hatten die igs vor einer Woche gefragt, was sie von der Idee hält, das igs-Gelände an einem Tag in der Woche ab einer bestimmten Uhrzeit für Anwohner kostenlos zu öffnen. Bislang konnten wir nur spontane Reaktionen des igs-Sprechers veröffentlichen, nun gibt es eine ausführlichere Stellungnahme der zu den Vorschlägen. Hier ist sie:

    "Uns war von Anfang an bewusst, dass es während der Baumaßnahmen für den Wilhelmsburger Inselpark und Durchführung der igs 2013 zu einigen Beeinträchtigungen für Anrainer kommen wird. Als erste Gartenschau überhaupt haben wir uns deshalb überlegt, wie wir uns bei den Inselstädtern für ihre Geduld bedanken können. Seit igs-Beginn haben sie mit der Nachbarschaftskarte jetzt die Möglichkeit, bei freiem Eintritt an drei frei gewählten Tagen die positiven Ergebnisse zu sehen. So kann jeder Elbinsel-Bewohner schon während der igs erleben, was nach der Gartenschau bleibt: ein großartiger Park mit vielen Aktions- und Spielmöglichkeiten für Groß und Klein, der nach der Gartenschau bei freiem Eintritt von allen genutzt werden kann.

    Auch unabhängig von der Gartenschau wäre z.B. eine Erneuerung des Spielplatzes wegen der z.T. maroden und nicht mehr verkehrssicheren Geräte unbedingt erforderlich gewesen. Auch dann wäre während der Bauzeit eine Sperrung erfolgt. Die igs hat bewusst den Spielplatz erst in 2012 umgebaut, um eine möglichst lange Nutzungszeit für die Anwohner zu gewährleisten. 

    Ihr Vorschlag, an bestimmten Tagen zusätzlich weitere Bereiche des Areals bei freiem Eintritt für Anrainer nutzen können, ist weder denkbar noch logistisch umsetzbar und würde erhebliche und nicht vertretbare Mehrkosten erzeugen."

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