Euromayday: Tausende protestieren auf der Insel

Mehrere tausend Menschen gingen am Mittwoch in Wilhelmsburg auf die Straße – gut gelaunt, kurzärmelig und begleitet von bunten Wagen und Musik. Dabei ging es beim Euromayday um ernste Probleme: zu hohe Mieten, zu wenig Platz für alle und zu viel Kommerz in der Stadt. Protest regt sich in Wilhelmsburg genauso wie auf dem Kiez oder in der Schanze – deshalb erklärten sich die Demonstranten des Euromayday nun „Reif für die Insel“. Sie zogen von St. Pauli bis vor den Zaun der internationalen gartenschau (igs) in Wilhelmsburg, wo sie freien Eintritt für alle verlangten. Doch daraus wurde nichts: Nachdem einige den Zaun überwunden und stellenweise geöffnet hatten, hielt die Polizei die Demonstranten mit Schlagstöcken und Pfefferspray auf Abstand.

Seifenblasen, Glitzerkonfetti und ein Chor aus Megafonen schweben durch die Menschenmenge, die sich auf dem warmen Pflaster des Stübenplatzes ausbreitet. „Auf dem Dach, da haben wir noch viel Platz!“, rufen die Stimmen des Megafon-Chors. Auf dem Boden wird es immer enger. Der Bus Nummer 13 spuckt einen weiteren Schwall dekorierter Leute auf den Platz, aus dem Hafen treffen Radfahrer aus St. Pauli ein, Frauen, Männer und Kinder von der Elbinsel mischen sich in die Menge. Wer in Wilhelmsburg wohnt und wer nicht ist nicht mehr erkennbar, den Menschen hier ist es auch egal. Was alle gemeinsam haben, ist ihr Ärger auf die Freie und Hansestadt Hamburg, die sich immer weniger wie das anfühlt, was sie sein soll: ihre Stadt. 

Wohnen in unseren Vierteln in Hamburg ist immer teurer geworden“, sagt Ole, der den Euromayday mit organisiert. „Viele können sich das ganz platt nicht mehr leisten. Wir fragen: Woher kommt das? Und muss das so sein?“ Begonnen habe der Euromayday einer von vielen Protestzügen, die traditionell am ersten Mai in ganz Europa die Straßen entlangziehen. Heute gehe vor allem um Probleme mit der Stadt vor der eigenen Haustür. Dazu zählen für den Euromayday auch Großprojekte wie IBA und igs – Maßnahmen, mit denen Hamburg umgestaltet werden soll. Auch sie tragen dazu bei, dass Menschen nach und nach vom Leben in ihrer eigenen Stadt ausgeschlossen werden, sagt Ole. Ob das in Wilhelmsburg, Billstedt oder St. Pauli geschieht, ist für ihn nicht entscheidend. „Wir suchen Verstärkung, wir wollen gucken und fragen, wie es anderen geht“, sagt er. Gemeinsam auf der Straße feiern und Probleme offen ansprechen – das ist das Ziel, sagt Ole.

 

Bunt und laut durch die Nachbarschaft

Daran wollen viele Gruppen und Einzelpersonen mitwirken. Der Verein Jugend ohne Grenzen, in dem sich junge Menschen für Flüchtlinge einsetzen, ist mit einem eigenen Wagen vertreten. Die Initiative S.O.S. St. Pauli hat auch einen Wagen geschmückt, Mitglieder der Kampagne HVV umsonst sind mit Bus und Bahn angereist. Auch aus Wilhelmsburg sind viele Aktivisten dabei, etwa aus der Bürogemeinschaft in den alten Zinnwerken, die für ein Bürgerbegehren zum Erhalt des Gebäudes wirbt. Flyer gehen von Hand zu Hand, werben für Kongresse, für das Umverteilen von Reichtum oder für einen Besuch auf dem igs-Gelände, ohne dafür Eintritt zu zahlen.

Bunt und laut windet sich die Euromayday-Parade durch das Reiherstiegviertel. Ein Anwohner am Stübenplatz beschimpft die Demonstranten von seinem Balkon aus, die meisten aber schauen zu und freuen sich, dass so viele auf die Straße gehen. „Mehr bezahlbare Wohnungen? Das wäre angebracht“, findet ein Kioskbetreiber. „Unrecht machen, das bringt nichts“, sagt sein Nachbar, der seit 33 Jahren in Wilhelmsburg lebt. „Aber protestieren – das ja. Das ist menschliches Recht!“ Als der Zug die Veringstraße entlangzieht, filmen einige Anwohner mit ihren Handys. Auch am Rotenhäuser Damm und an der Rotenhäuser Straße schauen viele vom Fenster oder Balkon aus zu. „Ich wohne seit 40 Jahren in der gleichen Wohnung“, erzählt eine ältere Frau am Rand der Neuhöfer Straße. „Das ist nicht schön. Aber SAGA sagt, es gibt keine neuen Wohnungen.“ Dass der Euromayday auch in Wilhelmsburg gegen Wohnungsnot demonstriert, findet sie gut, sagt sie. In der Hand hält sie das Faltblatt mit dem Maulwurf, dem Wappentier der Demo 2013.

Über die ganze Straßenbreite biegt die Parade in die Mengestraße ein. Nach Angaben der Veranstalter sind es rund 3000 Menschen, die Polizei geht von 1000 aus. Von den Beamten ist nicht viel zu sehen – bis einige Demonstranten über den Zaun zum igs-Gelände klettern und Teile des Gitters aufbiegen. Mehrere Dutzend Leute entwischen in den Park, vor dem Zaun kommt es zu einer kurzen Rangelei zwischen Demonstranten und Polizisten. Die meisten Menschen laufen weiter und kümmern sich nicht um den Aufruhr.

 

"Warum soll man jetzt hier nicht so reingehen können?"

Oben an der Rampe zum igs-Eingang hat sich unterdessen ein Grüppchen mit selbstgebastelten Glitzerkostümen aufgestellt – der 41. Spielmannszug, der die 40 Spielmannszüge auf dem igs-Gelände von der anderen Seite des Zauns her unterstützen will. „Warum soll man jetzt hier nicht so reingehen können?“, fragen dutzende Stimmen, zum Teil verstärkt durch die Lautsprecher des Megafon-Chors. „Eintritt frei für alle!“ Langsam rückt der bunte Zug auf das Tor zum Park zu. An den Kassenhäuschen gehen die Rollladen runter. „Der Park war mal für alle da!“ „Warum soll man jetzt hier nicht so reingehen können?“ Unten am Zaun stehen Polizisten.

Näher und näher rückt der Spielmannszug, die Stimmen werden lauter. Dicht an den Helmen und gepanzerten Uniformen der Polizei laufen die Spielleute entlang, hinter ihnen eine Menschenmenge. Der Sprechchor tönt wie eine Endlosschleife. „Wir wollen rein!“ ruft jemand in den Takt. „Der Park gehört den Menschen, sie haben ihn bezahlt.“ Demonstranten drängen an den Zaun, Polizisten drängen zurück, es kommt zur Rangelei. Ein Trupp mit weißen Helmen stürmt in die Menge. „Haut ab! Haut ab!“, tönt es aus der Demo. „Wir sind friedlich – was seid ihr?“ Hinter dem Zaun hat die Polizei zwei junge Mädchen in Gewahrsam genommen, davor wird es immer enger. Die Polizisten ziehen sich zurück. Als einige Leute am Zaun zu rütteln beginnen, schlagen sie mit ihren Stöcken die Hände von den Gitterstäben. Pfefferspray trifft die, die nicht rechtzeitig weg sind, mitten ins Gesicht. Einige Demonstranten reißen Blumen aus Kübeln und werfen sie über den Zaun auf die Polizisten. Durch die Gitterstäbe schießen Strahlen von Pfefferspray zurück.

Nach einer Weile sind die Fronten geklärt. Die Demonstranten räumen den Platz, die Polizisten halten die Stellung, um den igs-Zaun zu sichern. Die Musik der feiernden Menschen vor dem S-Bahnhof Wilhelmsburg ist wieder zu hören, die Rollladen der Kassenhäuschen gehen wieder auf. Aufs Gelände dürfen die Menschen nun wieder. Kostenlos aber nicht.

von Annabel Trautwein

 

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Kommentare

14 Antworten zu „Euromayday: Tausende protestieren auf der Insel“

  1. Avatar von Teilnehmer der Demo
    Teilnehmer der Demo

    Noch zu ergänzen wäre, dass am Zaun zwischen Georg-Wilhelm-Str. und Rathaus an mehreren Stellen der Zaun teilweise oder ganz gefehlt hat und min 200 Menschen kostenlos auf das igs-Gelände kamen, bevor die Polizei alle Stellen sichern konnte. Diese Personen konnten sich auf dem igs-Gelände relativ frei bewegen, erst gegen 17 Uhr begannen Polizisten "Gesichtskontrollen" durchzuführen und anscheinend verdächtig aussehende Gäste der igs nach ihren Karten zu fragen und im Zweifelsfall rauszuwerfen. Teilweise geschah das äußerst brutal: umgedrehte Arme, über den Boden geschliffene Menschen, Polizeiknie auf den Köpfen am bodenliegender Menschen… 

    Am Haupteingang selbst gelang es den Protestierenden in der aufgeheizten Stimmung innerhalb weniger Minuten alle drei Stahltore aufzubrechen, indem entschlossen und gleichzeitig von vielen daran gerüttelt wurde. Die offenen Tore wurden dann jedoch unter massivem Schlagstock- und Pfefferspray-Einsatz verteidigt und notdürftig mit Kabelbindern fixiert. Der Zaun und sogar die Tore sind also nicht unüberwindbar.

  2. Avatar von Alex Sczakiel

    Events wie die Euromayday bringen tausende junger Leute nach Wilhelmsburg und verwandeln die Elbinsel in ein Schlachtfeld für Leute denen es in der Schanze zu eng geworden ist und die hier ihre jugendliche Sturm und Drang Phase ausleben wollen. Dieser Protest beschleunigt die Gentrifizierung extremer als IBA und IGS es je könnten. Wer das nicht versteht, versteht auch nicht wofür er da auf die Strasse geht.

    Die Leute die jetzt am lautesten schreien wohnen hier vielleicht seid 1-2 Jahren auf der Insel, in Wohnungen, in denen früher mal sozial schwächere Emigranten gewohnt haben. Der Protest und die Menschen die ihn führen sind dafür verantwortlich das die Mieten steigen und Menschen hier verdrängt werden.

    1. Avatar von H-J Maass
      H-J Maass

      Ja. Diese – zumeist jungen – Menschen ziehen die Aufmerksamkeit auf die Elbinsel; sie tun es in einer anderen Weise als die IBA das tut. Aber das Resultat ist letztlich das gleiche.

      Wir wollten eine moderate Aufwertung. Wir wollten eine Gartenbauaustellung. Wir wollten keine IBA! Die kam über uns, sie bewirkte mehr Aufwertung als wir steuern konnten. Die IBA hat ihren Job gut gemacht, zu gut. Es wird langsam Zeit auf die Bremse zu treten. Ich neige inzwischen dazu das subventionierte studentische Wohnen auf der Elbinsel SOFORT zu beenden.

      Die Lösung kann doch nicht darin liegen den Stadtteil künstlich öde zu machen, indem man sich gegen die Verbesserungen stellt, gegen die Soulkitchen, das Rialto, die Zinnwerke, den Infoladen, sondern indem man sich dafür einsetzt, das weitere Hamburger Stadtteile in dieser bunten, lebenswerten Weise aufgewertet werden, damit sich der Siedlungsdruck in die Fläche verteilt.

      Studis nach Mümmelmannsberg!

       

       

  3. Avatar von Alex Sczakiel

    PS: Als wäre es nicht schon schlimm genug mit IBA und IGS in Wilhelmsburg leben zu müssen, jetzt wird die Insel auch noch zusätzlich in ein 'Kriegsgebiet' verwandelt, in dem vermummte Gestallten feige in der Nacht Wände beschmieren und Scheiben einschlagen und wir es ab jetzt permanent mit Demonstranten Horden zu tun haben und natürlich auch mit der folgenden immer höher werdenden Polizeipräsenz.

    Mein Dank geht ganz klar an die 'IBA/IGS Gegner', danke das ihr in meinem Zuhause alles kaput schlagt und für permanenten Stress sorgt, niemand will euch hier! Ihr seid die Gentrifizierung!

    1. Avatar von Michael
      Michael

      Ich kann ja ihre Wut nachvollziehen, allerdings denken Sie m.E. zu kurz bzw. räumlich begrenzt. Die Neuzuzügler_innen kommen vor allem nach Wilhelmsburg, weil sie in anderen Stadtteilen keine für sie bezahlbaren Wohnungen finden. Denn dort ist die Gentrifizierung weiter fortgeschritten. Nun nimmt sie auch in Wilhelmsburg zu. Es handelt sich dabei um die selben Prozesse.

      Dass Demonstrationen auch Teil von Aufwertungs- und Verdrängungsprozessen sein können ist unbestritten. Als Ursache die Demonstrat_innen anzusehen ist allerdings Quatsch. Nicht Demonstrat_innen erhöhen Mieten, sondern Gebäudeeigentümer_innen. Und die Politik unterstützt sie dabei strukturell u.a. durch den Mietspiegel und speziell in Wilhelmsburg u.a. durch Aufwertungsmaßnahmen wie IBA und igs.

      Überall dort, wo die Wohnraumversorgung ausschließlich über den Immobilienmarkt geregelt wird, ist Aufwertung ohne Verdrängung leider nicht zu haben. Das gilt weltweit. Insofern wirken in Wilhelmsburg, in St.Pauli und vielen anderen Stadtteilen und Städten auf der Welt die grundsätzlich selben Aufwertungs- und Verdrängungsprozesse. Dagegen zu protestieren finde ich richtig und wichtig – auch in Wilhelmsburg!

      1. Avatar von Alex Sczakiel

        Die Gebäudeeigentümer_innen, Herr Michael, arbeiten nach den Gesetzmäßigkeit der freien Marktwirtschaft: Angebot und Nachfrage!

        Die Aufwertung der IBA und der IGS allein erhöht die Mieten nicht automatisch, nur dann wenn die Nachfrage steigt. Und warum steigt die Nachfrage? Weil eben die neuen Wilhelmsburger, die hier nach günstigen Wohnungen suchen logischerweise die Nachfrage erhöhen, bevor die IBA auch nur ein Haus gebaut hat. Dann starten sie starten sie neue Cafes, Streetfashinshops, demonstrieren und machen das Virtel immer attraktiver für gleichgesinnte, die wiederum die Nachfrage nach oben treiben.

        ‚Der Protest‘ geht jetzt getragen von den Medien ins ganze Land und zeigt der ganzen Welt, das alternative Virtel Wilhelmsburg, was dann jetzt die grossen Massen anziehen wird. Protest in diesem Fall ist mehr als nur Kontraproduktiv.

        Die IBA baut jetzt lediglich ein paar teurere Häuser, für die reicheren jung gebliebenen, die sich im Licht dieser alternativen Szene sonnen wollen und die am Ende nur herkommen wollen, um vor ihren Arbeitskollegen damit anzugeben, wie cool sie sind, im ‚verruchten‘ Virtel Wilhelmsburg zu wohnen.

        So funktioniert der Kreislauf, so funktioniert Gentrifizierung. Bevor die IBA hier wirklich die Mieten nach oben treiben kann, haben das die Protestanten und neuen Wilhelmsburger schon selbst getan und beschleunigen den Prozess durch den Protest jetzt extrem. Sie denken leider etwas zu kurzfrisstig Herr Michael. Protest ist hier nicht das richtige Mittel, es verschlimmert die Situation nur noch. Und tausende von jungen Leuten mit der Euromayday nach wilhelmsburg zu ziehen und ihnen zu zeigen wie cool das hier ist, hilft sicher auch nicht…

        1. Avatar von Alex Sczakiel

          PS: Dagegen = Funktioniert nicht! Wer etwas im Leben erreichen will muss 'für etwas arbeiten'. Seine Energie vielleicht 'für den erhalt günstiger Wohnungen' einsetzen, real etwas verändern im Leben. Ein Schild hochzuhalten und laut 'Dagegen' zu schreien hat noch nirgendwo geholfen. 

          1. Avatar von Konsequenter
            Konsequenter

            Dann hör doch auf, immer nur GEGEN die "Demonstranten", "Neuen" oder was auch immer zu schreiben und verzieh dich aus diesem Forum!

          2. Avatar von Keex
            Keex

            So ein Quatsch, Alex, Echt.

        2. Avatar von Gabi
          Gabi

          Also wenn du das wirklich ernst meinst sollten wir die Nachfrage senken? Also FÜR mehr Autobahnen, Containerstellplätze und Kohlekraftwerke Demonstrieren, damit wir hier in 5 oder 10 Jahren noch wohnen können? Ach ne, Demonstrationen sind ja der eigenltiche Grund für alles. Wahrscheinlich kommen die Nazis auch nur wegen den Gegendemonstranten auf die Straße.

          Unglaublich, wie heute, nach so vielen Jahren "Banken-/Euro-Krise" immer noch Menschen an die freie Marktwirtschaft glauben können…

  4. Avatar von Chris
    Chris

    Das Problem ist doch nicht, dass irgendwelche Stadtteile „aufgewertet“ werden (komisches Wort) und neue Leute in einen Stadtteil ziehen, das gehört doch zu einer Großstadt dazu, sondern dass keine neuen Wohnungen gebaut werden (außer den paar Klötzen in der „neuen Mitte“, die sich eh keiner leisten kann). Gäbe es in Hamburg genug Wohnungen, dann würde sich die „Aufwertung“ eines Viertels auch nicht so stark auf die Mietpreise einwirken.
    Nur die derzeitige Situation, wo sich gefühlt 1000 Leute auf 1 Wohnung „bewerben“ (!) müssen, führt zu diesen absurden Mietpreisveränderungen.
    Und was die Gesetze der Marktwirtschaft anbelangt: ob der Wohnungsmarkt ein funktionierender Markt ist, wage ich mal zu bezweifeln – ebenso wie der Arbeitsmarkt hat hier der Anbieter immer eine viel stärkere Stellung, da der Nachfrager nicht sagen kann, dass der Preis zu hoch ist und er daher erst mal 1 Jahr nirgendwo wohnt (oder arbeitet). Insofern halte ich es für sehr sinnvoll, Mieterhöhungen prozentual bei Neuvermietungen zu begrenzen, wie Hamburg das über den Bundesrat vorgeschlagen hat.
    Und zur Mietpreisentwicklung speziell auf den Elbinseln: auf der Veddel gehört der Großteil der Wohnungen Saga/GWG – und die sorgen zum Glück anders als
    private Vermieter dafür, dass die Mieten stabil bleiben und nicht explodieren – keine Staffelmiete, kaum Mieterhöhungen, auch nicht bei Neuvermietungen. Das ist mal sinnvoll investiertes Geld aus öffentlichen Kassen – während IBA und IGS vielleicht nicht total nutz- und sinnlos sind, aber eine sehr viel schlechtere (weniger Nutzen bringende) Investition.

  5. Avatar von Frederik
    Frederik

    Danke für die vielen Vorlagen, daran erkennt man auch, wer hier länger wohnt, wer gar nicht (also nur für den Protest rüber kommt) und wer seit ca. einem Jahr. Diesem Stadtteil ging es jahrzehntelang beschissen, fragt doch nach bei H.J. Maaß und anderen. Hier musste etwas passieren, das war ein klarer Wunsch von uns Elbinsulanern, die damals auch Forderungen und Ideen hatten.

    Heute geht es diesen feierwütigen und selbstgefälligen Protestlern doch immer nur um Mieten, Mieten, Mieten – und das aus ganz eigenem Interesse. Bildung spielt dabei keine Rolle, Integration klappt ja eh, Lärm, Verkehr, Kriminalität etc. auch egal. Und geht es ihnen "nur" um die Mieten, sind sie inhaltlich absolute Nullnummern, das zeigen auch die Diskussionen im Stadtteil und auf der Straße.

    Dabei kann man so vieles fordern: Mehr Sozialwohnungen, Mietobergrenzen, Erhaltensverordnung, keine Maklergebühren, keine Umwandlung von Miete in Eigentum, Gagfah raus aus der Stadt etc. etc.

    Die Kreativität (und Geilheit auf Medienresonanz) könnten die toll verkleideten Nicht-Insulaner also mal besser auf anderen Feldern beweisen – oder zum Kölner Karneval fahren. Heute ist z. B. schon wieder die ganze Weimarer Straße mit Parolen versaut – vielen Dank! Bringt es das? In einem Quartier mit 100% Sozialwohnungen und vielen Migranten, die die ketzerischen Parolen eh nicht verstehen?

    Und Teile der Parolen sind fast so schlimm wie das "Kauf nicht bei Schwaben" letzte Woche in Berlin! Denkt doch mal kurz nach, was Ihr da so anrichtet. 

    Zu Hans-Jürgen: Studenten-Wohn-Subventierung war schon immer Schwachsinn! Was bringt´s dem Stadtteil? Das Geld wird eh anderswo ausgegeben, es werden Wohnungen Bedürftigeren vorenthalten, die Fluktuation ist höher und und und…

    Was aber am meisten nervt sind die dummen Hamburger Medien: Es wird über schön positiv über solche Proteste berichtet, aber um wirlkiche Inhalte geht es nie. Zeige doch mal jemand eine Alternative auf! Wie kann ich auch in Zukunft günstig wohnen? Wo in welcher Großstadt klappt das denn überhaupt in diesen Zeiten? Was sollte man also intelligenterweise fordern?

    Wie es hier ohne Zuspruch von oben aussehen kann, zeigt aktuell die Zinnwerke-Nummer. Und das ist das alte Wilhelmsburg: Immer jede Benachteiligung schlucken müssen. Und bei solchen fehlgeleiteten Protesten wird es auch so weiter gehen…

     

    Ahoj, Frederik F.

  6. Avatar von Chris
    Chris

    Ad Frederik: Ist seit Jahrzehnten in Wilhelmsburg wohnen dann der Beleg dafür, dass man alleine die Wahrheit gepachtet hat, während andere schon per se kein sachliches Argument auf ihrer Seite haben können? 😀
    Hört sich fast so an. Ich bin auch kein Ureinwohner, sondern wohne erst seit etwas über einem Jahrzehnt auf der Elbinsel – macht mich das jetzt schlauer und verständiger für den Stadtteil als jemanden, der erst seit 5 Jahren oder seit 1 Jahr hier wohnt? Und weniger einsichtig als jemanden, der seit 50 Jahren hier wohnt??? Und zu den Studenten, die herkommen: Wenn jemand als Student nach Hamburg kommt und sich gerade auf den Elbinseln ne Wohnung sucht, finde ich das nicht per se schlecht – oder sollte Hamburg dann in schön getrennte Ghettos aufgeteilt werden – eins für die Studenten und sonstigen Zugezogenen, eins für die Reichen, eins für die Mittelschicht, eins für die Ultra-Linken, eins für die Künstler – achja, und dann noch eins für die alt eingesessenen, hier schon geborenen Wilhelmsburger? Hört sich für mich ein ganz klein bisschen engstirnig und xenophob an, aber nur ein ganz kleines bisschen. (Damit will ich nicht die Krawallo-Protestler gutheißen, um es klar zu stellen, aber normalerweise sollte man neue Nachbarn eher herzlich empfangen und nicht mit hochgezogener Nase – irgendwann kommt man möglicherweise nämlich selbst in die Verlegenheit, in eine fremde Stadt ziehen zu müssen und freut sich dann genauso, wenn man freundlich aufgenommen und nicht als erstes darauf hingewiesen wird, dass man ja nicht schon seit 100 Jahren mit Siegel und Stammbaum aus der Gegend kommt und daher sowieso nie dazugehören wird…).

    Im Übrigen – also abgesehen von dem Seitenhieb auf Zugezogene, Studenten (die ja auch von dem bisschen Bafög irgendwie schauen müssen, dass sie nicht verhungern) und sonstige Leute, die sich für ihr Hiersein wohl rechtfertigen sollen – will ich nicht widersprochen haben 😉

  7. Avatar von Frederik
    Frederik

    @Chris: Das ist viel Rechtfertigung für einen Satz Seitenhieb, aber ich denke, wir haben uns definitiv verstanden 😉 Die Krawalltouristen von drüben und die Vandalen nerven und wenn man am Stübenplatz mit Protestlern diskutiert, merkt man einfach oft, dass die meisten den Stadtteil überhaupt nicht kennen. Das gilt natürlich nicht für alle Insulaner. Und die Mischung muss stimmen, ja. Sie stimmte über Jahrzehnte eben nicht. Aber was schon interessant ist, dass mir letztens erzählt wurde, dass zwei Bewohner der "Neuen Mitte" ob ihres Elbuferwechsels ziemlich direkt in der Deichdiele angefeindet wurden. Das ist schon hart und klingt nach Prenzlauer Berg und weniger nach offenen Armen. Zum Glück nur ein erzählter Einzelfall – ich habe so etwas noch nicht mitbekommen.

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