Rettung im Rampenlicht

„Wenn ein Mensch einen anderen rettet, der rettet die ganze Welt“, sagt Julchen, die „Tochter des Ganovenkönigs“. So heißt auch das Stück, das die Jugendtheatergruppe der Honigfabrik seit dem 15. Mai auf die Bühne bringt. Julchen, die Hauptfigur, hat reiche Eltern und ein Herz aus Gold – eine tödliche Kombination für eine Ganoventochter. Doch wer sich selbst zu retten weiß, kennt keine Not. So erlebt es Julchen, so erlebt es das Publikum und die jungen Schauspielerinnen und Schauspieler im Rampenlicht.

Julchen ist die Tochter einer Adelsfamilie. Auf ihrem Shirt funkelt ein Herz aus Goldpailletten. Ihr Vater besitzt sogar ein goldenes Maschinengewehr. „Alles, was er hatte, war aus Gold. Bis auf sein Herz. Das war nicht aus Gold“, heißt es in dem Stück. Wie Julchens Vater an all den Reichtum und die Macht gekommen ist, das weiß niemand so genau. Dann soll Julchen auf ein Internat – so lügen es ihre königlichen Eltern ihr vor. In Wahrheit soll die Tochter verkauft werden, wenn sie zwölf ist, wie ihre elf älteren Geschwister vor ihr. Julchen sucht nach Hilfe, vergeblich. Sie scheint auf sich allein gestellt.

Drei Monate lang probten die Jugendlichen, bis „Die Tochter des Ganovenkönigs“ bühnenreif war. Begleitet wurden die 11- bis 15-jährigen Künstlerinnen und Künstler von Sandra Kiefer, die als Theaterpädagogin das Stück inszenierte. Jeden Donnerstag trafen sie sich zur Probe. Auch die orientalisch klingende Musik dazu machten sie selbst. Komponiert hat sie der Musikpädagoge Omied Khadem Saba, der seine vier Bandmitglieder auf der Klarinette begleitet. Er ist stolz auf die Leistung seiner Musikerinnen und Musiker: „July hat innerhalb einer Woche Bass gelernt“, sagt er. In nur wenigen Tagen koordinierten die Bühnenkünstler_innen Musik und Schauspiel. „Ich bin beeindruckt von der Entwicklung der Jugendlichen“ sagt Maren Tobel von der Kinderkultur der Honigfabrik. Einige der jungen Kulturschaffenden aus Wilhelmsburg und Harburg sind seit sechs Jahren beim Freizeitprogramm der Honigfabrik dabei.

Zusammenarbeit auf Augenhöhe

Nicht nur das Theaterstück nimmt Kinder und ihr Können ernst, auch hinter den Kulissen kommunizieren Jugendliche und Erwachsene auf Augenhöhe: „Ich bin es nicht, die morgen im Mittelpunkt der Bühne steht“, sagt Sandra Kiefer am Abend der Generalprobe. Ihre Worte wirken: Rund 50 Zuschauerinnen und Zuschauer feiern die Truppe mit begeistertem Applaus, am Ende der Premiere sprudelt der Sekt. Theaterpädagogin Sandra teilt den ihr überreichten Blumenstrauß mit den jungen Künstler_innen. Auch Kuratorin Maren Tobel zeigt sich zufrieden, sie habe nur zwei kleine Patzer entdeckt. Was genau auf der Bühne vor sich geht, sehen nur Eingeweihte – hakt der Text, dann helfen sich die Schauspielerinnen und Schauspieler wie Profis gegenseitig auf die Sprünge. So wie Gloria, die mit Improvisationstalent zur Rettung der Truppe verhilft: „Denn wenn ein Mensch einen anderen rettet…“

„Die Tochter des Ganovenkönigs“ wird am Montag, 27. Mai, um 10 Uhr im Eidelstedter Bürgerhaus noch einmal aufgeführt. Das Stück ist für alle ab 13 Jahren, der Eintritt kostet jeweils 4 Euro. Unterstützt wird das Theaterprojekt von „Kultur Bewegt“ der Hamburgischen Kulturstiftung, der Hermann und Melina Ebel Stiftung und der Stiftung Hans und Gretchen Tiedje.

von Hannah Rammé

 

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