Der Flohmarkt auf dem Wilhelmsburger Stübenplatz wird zum Fall für den Senat. Dafür will die SPD-Fraktion im Bezirk Mitte sorgen. Denn obwohl Politiker im Stadtteil und im Bezirk bereits für den Erhalt des Flohmarkts gestimmt haben, steht ihm die Feiertags-Schutzverordnung des Landes Hamburg im Weg. Die verbietet nicht-kommerzielle Flohmärkte am Sonntag, Ausnahmen gibt es nur für gewerbliche Märkte. Für die Arbeitsloseninitiative Wilhelmsburg, die den Markt organisiert, wäre ein dauerhaftes Verbot eine Katastrophe: Die Standgebühren decken einen großen Teil der Kosten für die Wilhelmsburger Tafel. Nun soll der Senat die Verordnung überdenken.
„Wenn es geltende Rechtslage in Hamburg ist, dass für gewerbliche Märkte Ausnahmen möglich sind, für soziale Projekte aber nicht, dann läuft hier etwas gewaltig falsch. Dazu muss sich der Senat verhalten“, sagt Falko Droßmann, Fraktionschef der SPD in der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte. Mit den Stimmen seiner Fraktion soll das Thema an den Senat weitergeleitet werden. Zuvor hatten sich bereits der Sanierungsbeirat im Reiherstiegviertel, der City-Ausschuss und die Bezirksversammlung für den Erhalt des Flohmarkts auf dem Stübenplatz ausgesprochen. Im Beschluss der Bezirksversammlung heißt es: „Bis ein geeigneter Ausweichplatz gefunden ist, werden die Veranstaltungen wie in den Vorjahren genehmigt.“
Senat soll den Weg für den Flohmarkt frei machen
Damit sendet die Bezirksversammlung ein politisches Signal. Die Feiertagsschutzverordnung kann sie mit ihrem Beschluss jedoch nicht außer Kraft setzen. Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD) hat den Passus im Beschluss bereits im Februar beanstandet. Er ist per Gesetz dazu verpflichtet: Setzt sich die Bezirksversammlung mit einem Beschluss über Entscheidungen des Senats hinweg, muss er die Abgeordneten zurückpfeifen. „Die Zielrichtung teilen wir“, erläuterte Andy Grote am Dienstagabend im Hauptausschuss. „Wir sind nur an Recht und Gesetz gebunden.“ Trotzdem wollen die Politiker im Bezirk die Sache nicht auf sich beruhen lassen. Die SPD-Fraktion wies die Beanstandung zurück, unterstützt von den Grünen. „Wir hoffen, dass wir weiterhin diese Position halten können“, sagte Fraktionschef Michael Osterburg. „Egal wie, Hauptsache, es wird durchgesetzt.“ Nun haben die Bezirkspolitiker noch zwei Monate Zeit, eine Begründung nachzureichen und Stellung zu nehmen. Nach dieser Frist muss sich der Senat mit der Sache auseinandersetzen. Der Wilhelmsburger Flohmarkt hat dann die Ebene der Landespolitik erreicht.
Warum steht der Flohmarkt auf dem Stübenplatz überhaupt auf der Kippe? Grund ist ein Einwand des Verbraucherschutzamtes. Die Behörde hatte das Bezirksamt darüber in Kenntnis gesetzt, dass private Flohmärkte am Sonntag gegen die Feiertagsschutzverordnung verstoßen. Der Flohmarkt auf dem Stübenplatz gilt demnach als „geeignet, die Sonntagsruhe zu stören“, weil sich dort Menschen versammeln und sich mit ihren Käufen und Verkäufen öffentlich bemerkbar machen. Das ist laut Verordnung nicht zulässig. Dass der Flohmarkt auf dem Stübenplatz inzwischen eine feste Institution im Stadtteil ist und seit zehn Jahren immer genehmigt wurde, spielt für das Verbraucherschutzamt keine Rolle.
Ohne Flohmarkt fehlt Geld für die Tafel
Bleibt der Senat bei seiner Meinung, dass nicht-kommerzielle Flohmärkte sonntags nicht stattfinden dürfen, steht die Arbeitsloseninitiative Wilhelmsburg vor einem massiven Geldproblem. Der Flohmarkt deckt einen großen Teil der Kosten für die Wilhelmsburger Tafel: Der Transport von Lebensmitteln für Bedürftige auf der Insel kostet Spritgeld, auch für die Nutzung des Deichhauses am Stübenplatz fallen Kosten an. Die Standgebühren der Flohmarkt-Anbieter bringen der Initiative pro Jahr 4.000 bis 4.500 Euro ein, sagt Marktveranstalterin Gudrun Toporan-Schmidt. Darf der Mark nicht mehr stattfinden, fehlt das Geld für die Versorgung der Bedürftigen.
Der Flohmarkt könnte auch an einem anderen Tag oder an einem anderen Ort stattfinden, schlägt die Bezirksverwaltung vor. Volker Schenk von der Arbeitsloseninitiative ist noch skeptisch. „Wir werden drüber nachdenken“, sagt er. Er könne sich vorstellen, den Flohmarkt auch mal samstags vor der Emmauskirche, vor dem Bunker oder vor der KünstlerCommunity am Veringhof auszurichten. „Das müssen wir aber auch mit den Leuten vor Ort absprechen. Es müssten ja dann auch Toiletten zugänglich sein, zum Beispiel in der Kirche.“ Mehr Spielraum als eine Verlegung auf den Samstag sieht Volker Schenk nicht. „Wochentags ist es nicht möglich“, sagt er. Der Flohmarkt fand bisher von April bis November an jedem ersten und dritten Sonntag im Monat auf dem Stübenplatz. Der Start 2014 war für Sonntag, 6. April geplant. Daraus wird nun voraussichtlich nichts werden. Denn auch wenn der Senat den Weg frei machen sollte – grünes Licht gibt es frühestens nach Ablauf der Zwei-Monats-Frist.
von Annabel Trautwein
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