Schule Neuhof soll Kreativstätte werden

In der Schule Neuhof soll neues Leben einkehren. Kulturschaffende aus Wilhelmsburg wollen dort Räume für kreative Projekte einrichten und ein Programm für Interessierte aus dem Stadtteil auf die Beine stellen. Die Hamburger Kulturbehörde macht sich bereits stark für die Initiative – nicht nur weil die alte Schule ein Denkmal ist. Die Ideen der Projektinitiatoren wären eine Bereicherung für die Elbinsel, sagt die Behörde. Nun kommt es auf die Hamburg Port Authority (HPA) an.

Eine Bühne, eine ökologische Gärtnerei, Probenräume, Ateliers, Sporträume, Werkstätten und eine große Küche für alle – das wünschen sich die Initiatoren vom Verein Kulturankerplatz und Inselwerk für die Schule Neuhof. „Wir haben jetzt schon sehr viele unterschiedliche Anfragen bekommen, obwohl wir noch gar nichts offizielles bekannt gegeben haben“, sagt Stefan Melko. „Es hat sich schon ein wenig herumgesprochen – und es gibt einen unglaublichen Bedarf.“

Der Backsteinbau am Neuhöfer Damm hat eine bewegte Geschichte: 1913 wurde er als Schulgebäude für den Stadtteil Neuhof am Westufer des Reiherstiegs. Nach der Sturmflut von 1962 und weiteren Hochwasserschäden beschloss die Stadt Hamburg das Ende für den Stadtteil: Im Jahr 1978 wurden Wohn- und Gewerbehäuser in Neuhof abgerissen, die Menschen verließen die Gegend und die Schule verlor ihren Zweck. Zwölf Jahre später erhielt sie einen neuen: Sie wurde zur Unterkunft für Asylbewerber umgebaut, die mit mehr als 100 Leuten in etwa 30 Zimmern lebten. Die letzten blieben bis 2007 – seitdem steht das Denkmal weitgehend leer.

Nun soll die Schule Neuhof zum dritten Mal mit neuem Leben gefüllt werden. Einen Plan dazu haben die Wilhelmsburger Kulturschaffenden bereits vorgelegt. Nina Dreier von der Kulturbehörde, Sylvia Henze vom Verein Ateliers für die Kunst, die Stadtentwickler Rolf Kellner und Michael Ziehl und die Denkmalschützerin Kristina Sassenscheidt werben mit ihrem Konzept für eine kreative Wiederbelebung des Bauwerks – als Zwischennutzung mit Zukunftsperspektive. Alle Voraussetzungen für den Erfolg seien gegeben, heißt es in dem Konzept: Das leerstehende Denkmal soll erhalten und geschützt werden. Etliche Künstler und Kulturschaffende brauchen bezahlbaren Raum für ihre Arbeit. Hamburg will diese Leute unterstützen. Und die HPA wünscht sich Mieter für das Haus, die es sinnvoll nutzen.

Gemeinschaftliches Arbeiten als Inspiration

Fabian Dihm, Rebecca Klischat, Felix Striegler und Stefan Melko haben dazu schon konkrete Vorstellungen. „Wir wollen die Räume gemeinschaftlich nutzen, damit wir in einen Austausch kommen“, sagt Rebecca Klischat vom Verein Inselwerk. „Leute, die gerne mit Holz arbeiten, können sich zum Beispiel in der Holzwerkstatt weiterbilden, aber auch ihr Können zeigen“, erläutert die Wilhelmsburgerin. Eine Fahrradwerkstatt und ein Fotolabor sind geplant, Stefan Melko möchte einen Aufnahmeraum für Hörfunk- und Audioprojekte einrichten, das auch Gästen offenstehen soll. „Da kann man uns bei der Arbeit über die Schulter gucken oder selbst lernen, wie man Musik produziert“, erklärt er. Als Treffpunkt für alle soll eine große Küche dienen, wo die Aktiven ihre Projekte gemeinsam weiterentwickeln und sich gegenseitig mit Rat und Tat unterstützen.

Wer mitmachen will, muss nicht dauerhaft im Gebäude aktiv sein, sagen die Macher. Nach dem Um- und Ausbau der Räume soll als erstes ein monatliches Programm auf die Beine gestellt werden, das Kurse und Workshops für wenig Geld anbietet. Jugendliche und Erwachsene aus Wilhelmsburg sollen hier Anreize finden, sich auszuprobieren und weiterzubilden. Voneinander lernen – das soll bei dem Projekt im Vordergrund stehen.

„Die Ideen, die wir haben, sind alle nicht neu. Aber dieser Ort bietet jetzt die Möglichkeit, viele Ideen miteinander zu kombinieren“, sagt Stefan Melko. Auf der Internetseite des Kulturankerplatzes sind bereits 16 Gruppen, Institutionen, Personen und Vereine gelistet, die mitmachen oder das Projekt unterstützen wollen. Der Raum für freie kreative Projekte ist auch in Wilhelmsburg knapp geworden – das ist den vier Kulturschaffenden zufolge unübersehbar. Dass immer mehr Freiräume und Kulturorte in Wilhelmsburg zugemacht worden sind, verschärfe das Problem, sagt Stefan Melko. Nach der Sperrung der Soulkitchen-Halle, der Schließung eines Kunstprojekts in der Jaffestraße und dem Verlust der Künstlergemeinschaft im Fährstieg sei der Platzmangel noch extremer geworden. „Die Leute, die da gearbeitet haben, suchen Orte, an denen sie weitermachen und dabei im Stadtteil bleiben können“, erläutert Stefan Melko vom Kulturankerplatz. „Wir wollen diese Lücke füllen. Und wir freuen uns, wenn die HPA das auch so sieht.“

HPA: "Wir prüfen die Möglichkeiten"

Denn ob, wann und in welchem Umfang die Ideen der Projektmacher wahr werden, hängt von den Hafenmanagern ab. Die HPA ist Eigentümerin der Schule und, wie ihr Sprecher Martin Boneß betont, an das Hafenentwicklungsgesetz gebunden. Es bestimmt, dass die Flächen der HPA „hafenkonform“ genutzt werden müssen. „Da es sich in diesem Fall um ein Schulgebäude handelt, gestaltet sich eine Nutzung im Sinne des Hafenentwicklungsgesetzes als schwierig“, teilt der Sprecher auf Nachfrage von WilhelmsburgOnline.de mit. Derzeit prüfe die HPA noch, wie sich eine Zwischennutzung im Sinne von Kultur und Bildung damit vereinbaren lasse. „Dies wäre zum Beispiel möglich, wenn bestehende Hafenbetriebe dadurch nicht eingeschränkt werden und die Hafenentwicklung nicht beeinträchtigt wird“, sagt der Sprecher. Nach Auskunft der Projektkoordinatoren sind sich beide Seiten jedoch schon weitgehend einig. Die HPA habe den Vertrag für eine sechsmonatige Zwischennutzung schon angekündigt, am Montag sollen die Schlüssel übergeben werden.

Die Kulturschaffenden selbst sehen die ersten sechs Monate als Auftakt. „Selbstverständlich wollen wir hier bleiben“, sagt Stefan Melko. Die Zwischennutzung soll den Impuls geben für ein langfristiges Engagement. Auch die Kulturbehörde ist dafür. „Wir würden uns freuen, wenn über 2014 hinaus eine kulturelle Nutzung möglich wäre“, schreibt ihr Sprecher Enno Isermann an WilhelmsburgOnline.de. Das sei auch für den Stadtteil gut: „Neben dem historischen Wert hat die Nutzung der Schule das Potenzial, das kulturelle Angebot für die Menschen in Wilhelmsburg zu bereichern, nachbarschaftliches Engagement zu fördern und den Stadtteil insgesamt zu stärken.“ Doch dafür muss zuerst der Zustand des Gebäudes auf den Prüfstand – das ist allen Beteiligten klar. Die ersten sechs Monate wollen die freien Kreativen nutzen, um auch die Vermieter zu überzeugen, dass ihre Ideen Zukunft haben. „Wenn der HPA irgendetwas nicht schmeckt, dann sind wir draußen“, sagt Felix Striegler.

von Annabel Trautwein

 

Mitmachen

Ab Mai wird es in der Schule viel zu tun geben, sagen die Macher. Tatkräftige Helfer sind herzlich willkommen. Auf der Internetseite des Vereins Kulturankerplatz können sich Interessierte schlau machen, was es zu tun gibt und wie sie mitwirken können. Auch über die Facebook-Seite des Vereins können Helfer Kontakt aufnehmen.

 

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Kommentare

4 Antworten zu „Schule Neuhof soll Kreativstätte werden“

  1. Avatar von tingel
    tingel

    jippieh!

     

  2. Avatar von hater

    Verpisst euch aus wilhelmsburg

    1. Avatar von WilhelmsburgOnline.de

      Lieber hater! Hast du auch was inhaltliches zur Sache beizutragen? Wenn nicht, dann halte dich mit solchen Kommentaren bitte zurück. Für Schimpftiraden ist hier kein Platz.

  3. Avatar von Gerhard Klischat
    Gerhard Klischat

    Liebe rebecca,

    viel Erfolg !

     

    Papa

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