Im Streit um die nächtliche Schließung des Inselparks hat der Bezirk einen neuen Plan vorgelegt: Etwa die Hälfte des Geländes soll rund um die Uhr zugänglich sein, der Rest wird zwischen 0 und 5 Uhr zugesperrt. Bei einer Sondersitzung des Regionalausschusses im Rathaus Wilhelmsburg stellten Bezirksamtchef Andy Grote und sein Team die Entwürfe vor. Anklang fanden sie nur vereinzelt – die meisten der rund 30 Bürgerinnen und Bürger im Saal warfen dem Bezirk weiterhin vor, er habe sein Versprechen gebrochen. Entschieden wird der Streit voraussichtlich am kommenden Dienstag. Dann soll der Hauptausschuss in einer Sondersitzung über die Pläne abstimmen.
Zwei Varianten zur Umzäunung des ehemaligen igs-Geländes standen bisher im Raum – nun legt das Bezirksamt eine dritte vor. „Wir haben vorzeitig Kritik bekommen, die uns dazu bewogen hat, das Ganze noch mal zu überdenken“, erklärte Heike Schulze-Nöthlichs vom Fachamt Management des öffentlichen Raumes. Anhand einer Karte erläuterte sie die Planänderungen des Bezirk: Während bisher der Großteil des früheren igs-Geländes umzäunt werden sollte, soll nun etwa die Hälfte rund um die Uhr offen sein. Im nördlichen Teil zwischen Reichsstraße, IBA-Häusern, Bahntrasse und Kuckucksteich verliefe der Zaun etwa diagonal entlang der Grenze des Kleingartenvereins Grüner Deich. Die Areale, auf der zu igs-Zeiten der Haupteingang und die Welt der Häfen lagen, wären jederzeit zugänglich. Südlich des Kuckucksteichs soll das größere Kleingartengebiet umzäunt bleiben. Im Mengepark sollen im Wesentlichen die Wiesen rund um das Wasserwerk und die Uferflächen unterhalb der früheren Wasserwelten geöffnet werden. Wasserwelten und Spielplätze sollen von 0 bis 5 Uhr geschlossen sein.
Statt zwei Durchgängen durch den Park will der Bezirk nun vier schaffen. Die Straße Hauland und die bereits vorgestellte Ost-West-Querung oberhalb des Kuckucksteichs sollen immer offen sein. Zudem soll es eine diagonale Verbindung von Nord-Osten nach Süd-Westen geben, die auch die bereits vorhandene barrierefreie Brücke einschließt. Die Querung des Mengeparks soll mit einer Brücke über die Rathauswettern möglich gemacht werden. An der Peter-Beenck-Straße sollen die Anwohner einen Zugang zum nahe gelegenen Spielplatz bekommen. „Wir haben jetzt innerhalb des Zauns jetzt nur noch die Teile, die sensibel sind“, sagte Bezirksamtschef Andy Grote bei der Präsentation im Regionalausschuss. „In den Bereichen, die innerhalb des Zauns verbleiben, würden wir ausprobieren, ob es auch ohne geht.“ Es werde nur sehr wenige Menschen geben, die durch diese Maßnahmen tatsächlich eingeschränkt würden, sagte der Bezirksamtsleiter.
Raus aus dem Park kämen die Besucher nachts fast überall – dafür sind laut Bezirk an einigen Toren Drehkreuze geplant. An anderen Stellen werde bewusst auf Auswege verzichtet. Der Vorteil sei, dass Unbefugte – etwa Metalldiebe – stärker abgeschreckt würden, weil die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass sie in dem geschlossenen Bereich geschnappt werden, erklärte Andy Grote: „Wenn die Wachleute da jemanden vorfinden, dann wissen sie, dass es jemand unbefugtes ist.“ Diese Äußerung handelte ihm sogleich Kritik ein. Rainer Roszak von den Grünen erkundigte sich, ob demnach jeder als verdächtig gelte, der im Park die Zeit vergessen habe. Der Bezirksamtschef beschwichtigte daraufhin: Er traue dem Wachdienst zu, zwischen verspäteten Gästen und möglichen Missetätern zu unterscheiden.
Budget für den Park soll gekürzt werden
Zwei Wachleute von privaten Anbietern sollen nachts das Parkgelände überwachen, tagsüber sollen es vier sein. Der Bezirk selbst stellt ein Team von vier Fachleuten für den Inselpark auf. Für Programm und Veranstaltungen ist seit wenigen Tagen Nina Schewe zuständig, auch die Stelle des technischen Leiters ist bereits besetzt, ein Parkmanager wird noch gesucht. Um die Stellen und weitere Ausgaben zu bezahlen, hat der Bezirk Mitte ein Budget von 1,9 Millionen Euro bekommen. Das gilt für das laufende Haushaltsjahr, danach soll es weniger Geld geben.
Wie lange im Park noch die Bagger am Werk sind, steht noch nicht fest. Die Umbauarbeiten sollen „nach Möglichkeit im Laufe des Sommers abgeschlossen sein“, sagte Andy Grote. Schon vorher, am 18. Mai, soll mit einem Fest die Parksaison eröffnet werden. Das anschließende Kulturkonzept für den Park ist noch in Arbeit. Die Kulturveranstaltungen in der Kapelle im Mengepark, die das Soulkitchen-Kollektiv bisher organisiert hat, soll es laut Andy Grote weiterhin geben. Ob es so kommt, ist aber auch eine Kostenfrage, erläuterte Mitveranstalter Mathias Lintl auf Nachfrage von WilhelmsburgOnline.de. „Das kostet jedes Mal 600 Euro“, sagte er. Die derzeitigen Konditionen des Bezirksamts seien für ihn und seine Mitstreiter auf Dauer nicht annehmbar.
Geteilte Meinungen aus dem Stadtteil
Insgesamt riefen die abgewandelten Pläne des Bezirks in den Reihen der Wilhelmsburger gemischte Reaktionen hervor. Die meisten Kritiker überzeugten die Zugeständnisse nicht. Lutz Cassel etwa forderte erneut, den Park zunächst völlig offen zu lassen – so habe der Bezirk es im Bebauungsplan 90 versprochen. Erst wenn sich herausstelle, dass es nicht anders gehe, sollten seiner Meinung nach Teile des Parks verschlossen werden. Manuel Humburg kritisierte: „Was wir hier erleben, seit der Bezirk sich um den Park kümmern soll, ist eine erschreckend provinzielle Diskussion.“ Der Flickenteppich von vielen kleinen Park-Inseln sei Wilhelmsburgs nicht würdig. Der Bezirksamtschef dagegen betonte, der Bezirk beschränke sich auf kleine Bereiche, um möglichst viel frei zu geben. Dahingegen werde der Zaun in Wilhelmsburg inzwischen zum Symbol hochstilisiert. „Ich glaube nicht, das jemand außerhalb von Wilhelmsburg diese Diskussion so nachvollziehen kann“, sagte Andy Grote.
Cordula Radtke schloss sich dieser Meinung an. Provinziell sei, auf der Debatte über den Zaun herumzureiten – so verständlich sie mit Blick auf die Vergangenheit auch sei. Stattdessen sollten die Menschen in Wilhelmsburg die Vorschläge ernst nehmen und konstruktiv damit umgehen. „Dann erledigt sich dieses Thema Zaun irgendwann von selber“, sagte sie. Auch Marina Lindemann sagte, sie sehe keinen Anlass, den Park zwischen 0 und 5 Uhr offen zu halten. Sie selbst wohne am Rotenhäuser Feld – dort werde eine Menge kaputt gemacht, was nur sehr langsam wieder instand gesetzt werde.
Welche Pläne für die Zukunft des Inselparks wahr gemacht werden, soll am kommenden Dienstag der Hauptausschuss der Bezirksversammlung entscheiden. In dem Gremium hat die SPD-Fraktion die absolute Mehrheit, zudem spricht sich die CDU-Fraktion für eine nächtliche Schließung des Inselparks aus. Unabhängig vom Votum der Volksvertreter will Bezirksamtschef Andy Grote mit den Menschen in Wilhelmsburg zusammenarbeiten. Sein Team sei damit beschäftigt, Formate zu finden, um mit Anwohnern und Interessierten in Austausch zu kommen. Welche Formate das sein sollen, könne er noch nicht sagen, sagte Andy Grote auf Nachfrage von WilhelmsburgOnline.de. Zuerst solle es ein „Vernetzungstreffen“ geben. Es hätten sich bereits mehrere Gruppen gemeldet, die für Teile des Parks Verantwortung übernehmen wollen. Der Verein Interkultureller Garten jedoch ist von diesem Vorhaben schon wieder abgerückt. Solange der Park umzäunt sei, bleibe er auch dabei, erklärte Vereinsmitglied Helga Arp. Der Verein habe schon mehrmals an das Bezirksamt geschrieben, aber keine Antwort bekommen, sagte sie im Gespräch mit WilhelmsburgOnline.de: „Die haben an uns offenbar kein Interesse.“
von Annabel Trautwein
Hauptausschuss entscheidet öffentlich
Bei der Sondersitzung des Hauptausschusses können alle Interessierten dabei sein. Sie beginnt am Dienstag, 13. Mai, um 17:30 Uhr am Klosterwall 8 (Raum 601). Vor der Entscheidung gibt es eine öffentliche Bürgerfragestunde. Die Tagesordnung ist im Ratsinformationssystem abrufbar.
[fb_button] [tweetbutton]
Schreibe einen Kommentar