Innen noch bunter als außen: Mit einer großen Ausstellung will sich das Atelierhaus 23 am Veringkanal am Samstag dem Stadtteil vorstellen. Losgehen soll es mit der Vernissage um 15 Uhr – 15 Künstlerinnen und Künstler zeigen im Ausstellungsraum Gemälde, Fotografien und Skulpturen. Auch hinter vielen Türen der 40 Ateliers, Studios und Werkstätten soll es etwas zu entdecken geben.
Moderne Ölgemälde und Wandbilder aus glasiertem Ton, Möbelbau, Schlagzeug-Soli und Ballett – hinter der roten Fassade des Künstlerhauses sind die unterschiedlichsten Künste zu Hause. Das soll Wilhelmsburg bei der Eröffnungsfeier am Samstag mit eigenen Augen sehen können. Nach langem Planen, Bauen und Einfinden wollen die Mieter zeigen, was Tag für Tag in den frisch sanierten Räumen des Hauses vor sich geht und was der Stadtteil davon hat: Eine Anlaufstelle für tanz- und bewegungsfreudige Nachbarn, ein Treffpunkt zum Klönschnack mit Künstlern und ein weiterer Knotenpunkt für kreatives Schaffen entlang des Kanals.
Lange Zeit war es still um die alten Industriebauten am Ostufer des Veringkanals. 1996 löste die Firma Merkel ihre letzten Verwaltungsbüros dort auf – die Asbest- und Gummifabrik war da schon 24 Jahre stillgelegt. Dann geschah lange nichts, die Gebäude standen leer. Schließlich kaufte die Stadt sie auf und überließ sie der IBA, die das Ensemble weitgehend abreißen ließ und das letzte verbliebene Haus zur Stätte für Kunst und Kreativität ausgestaltete.
Heute ist das Haus ein Gemeinschaftsprojekt aus verschiedenen Ateliers, Studios für Musik, Tanz und Sport und diversen Werkstätten – mit dem Galerieraum als Begegnungsort. Der große helle Raum im Erdgeschoss soll auch zum Vermieten angeboten werden. „Wir wollen uns noch weiter anbinden an den Stadtteil“, sagt der Maler Jann Kaune. Derzeit dient der Raum als Café und als Ausstellungsfläche, auch kleinere Konzerte oder Veranstaltungen sollen möglich sein. „Wir wünschen uns Leben hier“, sagt Jann Kaune.
Farbwürfe als Willkommensgruß
Nicht immer konnten sich die Kreativen rund um das Atelierhaus auf eine freundlich gesinnte Nachbarschaft verlassen. „Künstlerspacken“ schrieb ein anonymer Kritiker ihnen an die Wand, da war die Fassade noch ganz neu. „Wir hatten auch schon Farbwürfe als Willkommensgruß“, erzählt Jann Kaune. Das Atelierhaus war eines der Projekte, mit dem die IBA Wilhelmsburg als kulturell aufregenden Kreativstandort vermarkten wollte – das kam bei vielen nicht gut an. Auch im eigenen Kreis habe es immer wieder politische Debatten über die IBA und ihre Wirkung auf Wilhelmsburg gegeben, erzählt Keramik-Künstlerin Carla Binter. Einige, die Anfangs noch dabei sein wollten, wendeten sich im Laufe der jahrelangen Umbauphase von der IBA ab und stiegen aus dem Projekt aus. Sören Michaelis, der im Atelierhaus Capoeira Angola anbietet, hat nach einigen Diskussionen mit IBA-kritischen Stadtteilaktivisten seinen Standpunkt gefunden: „Letztendlich versucht hier jeder, das beste draus zu machen“, sagt er. „Das heißt nicht, dass man Teil einer kapitalistischen Weltverschwörung ist.“
Heute haben die Nutzer des Gebäudes selbst in der Hand, wie sie das Projekt weiter gestalten. „Wir machen alles in Selbstverwaltung“, sagt Carla Binter. Auch für andere Künstler will die Hausgemeinschaft Platz schaffen. Zwar sind derzeit keine Räume mehr zur Miete frei, doch sind für die Zukunft auch offene Werkstätten geplant. Diese Räume sollen für zwischenzeitliche Gäste bereitstehen, die als „artists in residence“ eine Weile im Atelierhaus mitarbeiten wollen. Eine Mieter wie der Schlagzeuger Nils Ahrens setzen schon jetzt auf das Mitmach-Prinzip: In seinem Studio kommen regelmäßig Musiker und Bands zum Proben vorbei, die sich den Raum für eine bestimmte Zeit reserviert haben.
Nun wollen die Künstler und Kreativschaffenden zeigen, was sie der Elbinsel zu bieten haben. Am Samstag sollen die Gäste nicht nur sehen und staunen, sondern auch mitmachen können – etwa beim Mal-Workshop für Kinder oder beim Tanzkurs. Die Eröffnungs-Ausstellung soll bis zum 14. September zu sehen sein. Mittwochs ist sie von 18 bis 20 Uhr, freitags von 18 bis 21 Uhr und am Wochenende von 15 bis 18 Uhr geöffnet.
von Annabel Trautwein
Wer stellt am Samstag aus?
Die Eröffnungs-Ausstellung des Atelierhauses 23 zeigt Werke von Andreas Wencke, Branimir Georgiev, Dietmar Baum, Dorota Sliwonik, Hamila Schultz, Jann Kaune, Katja Sattelkau, Kerstin Selle, Natalija Altenburg und Stefan Behrends, Nicola Rübenberg, Susann Wollenberg, Thomas Kleine, Thomas Mutter und Tine Waldbüßer.
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