Der Infoladen feiert: 7 Jahre Einsatz für die Insel

Im Infoladen Wilhelmsburg knallen die Korken: Die Aktiven laden zur Geburtstagsfeier ein. Seit sieben Jahren bietet der Treffpunkt in der Fährstraße Raum für politische Aktionen und Denkanstöße für einen kritischen Blick auf den Stadtteil. Nicht nur linke Aktivistinnen und Aktivisten sind hier willkommen – auch wer Stress mit dem Vermieter, Angst vor Abschiebung oder ein Computerproblem hat, ist im Infoladen an der richtigen Adresse. Wer das Team kennenlernen und sich schlau machen möchte, kann am Samstag ab 17 Uhr vorbei kommen. Ganz Wilhelmsburg ist zur Geburtstagsparty eingeladen.

Die nächste Demo kommt bestimmt – und der Infoladen Wilhelmsburg mischt mit. Ein großes Plakat mit der Aufschrift „Never mind the papers“ hängt schon im Schaufenster. Auch Menschen aus Wilhelmsburg sollen dabei sein, wenn am 31. Januar Demonstranten aus ganz Hamburg für eine bessere Flüchtlingspolitik und das Recht auf Stadt auf die Straße gehen. „Gentrifizierung und Recht auf Stadt waren schon immer unser Thema“, sagt eine Aktivistin. Im heißen Jahr 2013, als IBA und igs Wilhelmsburg als Modellstadtteil feierten, verteilten die Leute aus dem Infoladen Fähnchen im Stadtteil: „Mieten runter!“ oder „IBA?NigsDa!“ stand darauf. Sie protestierten gegen die Vermarktung der Insel, warnten vor dem Zaun am Inselpark und prangerten die Verteuerung Wilhelmsburgs an, die armen Menschen keinen Platz mehr lassen würde. Bei all dem geht es mehr als um das Leben zwischen Deich und Deich, sagen die Aktivisten. Es geht ums Prinzip, um Protest gegen eine Politik, die überall Schaden anrichtet. „Wir sind auch ein Echo für das, was in der Stadt passiert“, sagt eine Mitstreiterin.

Manches läuft aber auch anders auf der Insel. „Der Infoladen in der Schanze ist zum Beispiel viel mehr an ein Szene-Publikum gerichtet“, sagt die Wilhelmsburger Aktivistin. „Wir versuchen hier auch Leute zu erreichen, die sich bisher nur ein bisschen für Politik interessieren.“ Zudem geht das Infoladen-Team auf Fragen ein, die im Stadtteil besonders drängen, und bietet selbstverwaltete Nachbarschaftshilfe. Zusammenhalt macht stärker – deshalb treffen sich bei „Wilhelmsburg Solidarisch“ jeden ersten und dritten Mittwoch im Monat Leute, die sich bei Ärger mit Behörden, Vermietern oder Chefs gegenseitig unterstützen. Nicht jedes Problem kann sofort gelöst werden, sagen die Aktivisten. Doch oft kommen Betroffene schon weiter, wenn ihnen jemand hilft, das Behördendeutsch aus ihrer Post in verständliche Sprache zu übersetzen oder ihnen ihre Rechte erläutern kann.

Solidarität statt Kommerz

Geld zahlen muss im Infoladen niemand. Wer Probleme mit dem Computer hat oder Emails verschlüsseln will, kann sich bei der Gruppe „All Computers are broken“ helfen lassen, ohne dass dafür eine Gebühr oder ein fester Preis fällig werden. In der „Küfa – Küche für alle“ kocht ein wechselndes Team aus freiwilligen Helfern, die Gäste zahlen eine Spende – wenn sie können. Wer nicht kann, muss kein schlechtes Gewissen haben, sagen die Leute vom Infoladen. Im Gegenteil: Der Laden soll ein Treffpunkt sein, an dem niemand etwas konsumieren oder Geld ausgeben muss. Bücher, Zeitschriften, aber auch Megafone, Tischgarnituren, Küchengeräte, eine mobile Musikanlage oder Beamer können nach Absprache einfach ausgeliehen werden. Sogar die rund 100 Mitglieder des Vereins „Initiative für ein soziales Wilhelmsburg“, der den Infoladen trägt, zahlen ihre Beiträge nach eigenem Ermessen. Solidaritätsprinzip statt Kommerz – auch so schafft der Infoladen eine Gegenkultur zu einer Gesellschaft, in der immer mehr nur noch gegen Bezahlung haben ist.

Viel wichtiger als Geld ist dem Kollektiv tatkräftige Hilfe. Wer sich im Infoladen einbringen will, kann jeden Dienstag um 18 Uhr zum Plenum kommen. Wer hilft bei der nächsten Party an der Bar aus? Wer möchte etwas ausleihen oder den Raum nutzen? Wer kann beim Flyern helfen oder Plakate gestalten? All solche Fragen kommen beim Plenum auf den Tisch. Auch im akuten Einzelfall ist Hilfe willkommen. Dabei sein kann jede und jeder, sagen die Aktivisten: „Grundlage ist, dass man linkspolitisch aktiv sein möchte und Lust hat, sich hier im Stadtteil einzubringen.“ Seit dem Umzug in die neuen, helleren Räume an der Fährstraße 48 läuft es noch besser mit dem Nachbarschaftskontakt. „Was hier pro Schicht reingelatscht kommt, war früher im ganzen Monat da“, sagt eine Aktivistin. Inzwischen kommen auch Passanten vorbei, um besorgniserregende Vorkommnisse zu melden – ein abgebranntes Matratzenlager am Kanalufer etwa oder ungebetene Post von der NPD. „So ist es ja auch gedacht, dass es hier Leute gibt, die ein offenes Ohr für so etwas haben“, sagt einer der Aktiven.

Bei der Geburtstagsparty am Samstag möchte das Infoladen-Team noch mehr Menschen aus der Nachbarschaft neugierig machen. Um 17 Uhr beginnt das Fest mit Kaffee und Kuchen, aus Rücksicht auf Kinder wird nicht geraucht. Später, ab 21 Uhr, ist Party mit Musik, Cocktails und Bingo angesagt. Wie immer ist erwünscht: Mitmischen und weitersagen.

von Annabel Trautwein

 

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Kommentare

3 Antworten zu „Der Infoladen feiert: 7 Jahre Einsatz für die Insel“

  1. Avatar von
    Anonymous

    Zur Homepage des Infoladens geht es hier (momentan im Umbau):
    http://infoladen-wilhelmsburg.nadir.org/

     

  2. Avatar von
    Anonymous

    Wer Probleme mit dem Computer hat oder Emails verschlüsseln will, kann sich bei der Gruppe „All Computers are broken“ helfen lassen, OHNE dass dafür eine Gebühr oder ein fester Preis fällig werden.

    1. Avatar von WilhelmsburgOnline.de

      So war's natürlich gemeint. Das verschütt gegangene Wort steht jetzt auch wieder drin. Also: Computer reparieren lassen im Infoladen kostet nix! Dankeschön für den Hinweis, Anonymous.

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