Manche schlafen im Freien am Kanal, andere durchsuchen Mülltonnen nach brauchbaren Überresten – die Armut einiger Menschen in Wilhelmsburg ist nicht zu übersehen. Viele von ihnen kommen als Tagelöhner und Wanderarbeiter aus osteuropäischen Ländern, wo ihre Chancen auf ein gutes Leben noch geringer sind als hier. In Wilhelmsburg aber sollen alle Menschen in Würde leben können, sagt Mark Möller. Der Diakon hat eine Initiative gestartet, um notleidenden Wanderarbeitern auf der Insel zu helfen. Einige Nachbarn sind schon dabei, es sollen noch mehr werden. Worum es bei der Initiative geht und was als nächstes ansteht, erläutert Mark Möller im Interview mit WilhelmsburgOnline.de.
Was ist das Ziel eures Ideenaustauschs?
Das Ziel ist, Not zu lindern für die Menschen, die hier als Arbeitssuchende in sehr prekären Zuständen leben. Wie das gelingen kann, welche Angebote wir brauchen, das überlegen wir gerade. Wir wollen den Menschen helfen, trotz ihrer Armut in Würde bei uns zu leben. Das ist nicht nur humanitär wichtig für die betroffenen Menschen. Ich glaube auch, dass es für den Stadtteil gut ist – zum einen, weil wir mit guten Angeboten die Nachbarschaft entlasten können, zum anderen, weil wir so Begegnungen schaffen.
Wie kam die Idee zustande?
Die ersten Gespräche kamen schon Anfang des vergangenen Jahres auf, nach der Dialogveranstaltung zum Thema osteuropäische Wanderarbeitende hier im Stadtteil. Dabei kamen einige auf die Idee: Was ist eigentlich mit dem alten Zollhaus? Könnten wir das nicht nutzen? Im Rahmen meiner Gemeinwesenarbeit als Diakon habe ich mich da umgehört und schließlich diese Runde ins Leben gerufen, wo auch die ursprünglichen Ideengeber und Ideengeberinnen dabei sind. Die Überlegungen kreisen nicht nur um das Zollhaus, wir denken auch über Alternativen zu einer festen Einrichtung nach.
Welche Ideen erörtert ihr gerade?
Wir überlegen zunächst grundsätzlich, wie die Lebenssituation der betroffenen Osteuropäer ist und wie sie sich verändert. Zurzeit leben viele in Wilhelmsburg, die keinen Raum haben, um zum Beispiel zu duschen, Wäsche zu waschen, sich auszuruhen, zu kochen oder auf die Toilette zu gehen. Hier fragen wir uns: Wie können wir denen am besten helfen, welche Angebote sind sinnvoll? Wir wollen nicht alles vorgeben, sondern eine Form finden, die auch Selbstgestaltung zulässt. Wie das im Einzelnen aussehen kann, darüber müssen wir beraten. Dabei müssen wir auch neue Leute gewinnen, die mitmachen wollen.
Woher erfahrt ihr, was die Leute brauchen, denen ihr helfen wollt?
Im Moment ist es tatsächlich so, dass wir hier über Leute reden und noch nicht mit ihnen. Die Zugänge zu den betroffenen Menschen sind unterschiedlich: Manche in unserer Runde haben als Berater persönlich Kontakt, andere sammeln Informationen auf Sitzungen anderer Initiativen oder Gremien, gelegentlich kommen auch private und nachbarschaftliche Kontakte zustande. Das kommt dann hier zusammen. Je größer die Runde ist, desto bunter sind Eindrücke.
Was sind die wichtigsten Fragen, die noch geklärt werden müssen?
Zuerst stellt sich die Frage: Finden wir genug Menschen, die das Ganze mittragen? Dann geht es darum, wie wir unsere Ideen den künftigen Nutzern und Nutzerinnen vermitteln können. Auch in den Stadtteil hinein müssen wir kommunizieren. Es soll ja nicht so sein, dass über die Köpfe aller hinweg plötzlich etwas entsteht, womit niemand gerechnet hat. Nicht ganz unerheblich ist natürlich die Frage des Raumes. Und wir müssen klären, wer sich dann darum kümmert. Praktisch gedacht: Wenn wir Toiletten anbieten, wer macht die sauber? Das ist nicht gerade ein Ehrenamt, um das sich die Leute reißen.
Besteht auch Kontakt zu anderen Gruppen im Stadtteil, die sich mit der Lage osteuropäischer Arbeitsmigranten beschäftigt?
Ja, schon, denn die Leute aus unserer Runde kommen ja zum Teil aus diesen Gruppen. Es sind zum Beispiel einige aus der Sozialberatung hier im Stadtteil dabei. Mir ist aber besonders wichtig, dass auch Leute aus der Anwohnerschaft dabei sind und noch mehr Nachbarn und Nachbarinnen mitmachen.
Was ist denn schon erreicht?
Wir sind eine Runde von Menschen, die an einer Verbesserung der Situation rund um die sogenannten Osteuropäer interessiert ist. Wir haben das Vorhaben ernsthaft diskutiert und in Frage gestellt, um uns am Ende dann um so entschlossener dafür zu entscheiden, es weiter zu verfolgen. Am 10. Februar geht es dabei sicher einen Schritt weiter.
Mitmachen:
Das nächste Treffen der Ideenrunde ist am Dienstag, 10. Februar, um 18:30 Uhr im Westend (Vogelhüttendeich 17). Alle, die sich für das Engagement der Gruppe interessieren, sind willkommen. Wer sich bei Mark Möller melden möchte, schreibt eine Mail an die Adresse moeller@stadtmission-hamburg.de.
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