Pegelstand zur IBA: Kritik am Format

Grundsätzliche Kritik am Format IBA erhob Michael Rothschuh. Der Professor für Gemeinwesenarbeit nahm sich vor allem den Begriff „Ausnahmezustand auf Zeit“ vor, mit dem im Rahmen der Bauausstellung viele Pläne an den üblichen behördlichen Wegen vorbei genehmigt worden waren. „Die IBA ist eine Leistungsschau der Stadtplaner: Wir wollen auch mal zeigen, was wir alles können, wenn man uns nicht ständig Grenzen setzt“, erklärte Michael Rothschuh. Während der Bauaustellung sei Wilhelmsburg zum Experimentierfeld der Stadtplanung umgewidmet worden – auf die Gefahr hin, dass beim Experimentieren auch mal etwas schief geht. Zudem hätten sich in der sogenannten IBA-Konvention Behörden und Ämter verpflichtet, dem Erfolg der Bauausstellung nicht im Wege zu stehen. Das Ergebnis zeige sich etwa am Bau der neuen Stadtentwicklungsbehörde, dem bunten Gebäude an der Neuenfelder Straße: Die zuständigen Behörden hätten den Plan offenbar nie zur Debatte gestellt – dennoch steht das Haus nun da. Dass schon im März 2010 Bürger aus dem Stadtteil einwendeten, dass der Bau nach der Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße zwischen großen Verkehrstrassen eingeschlossen würde, habe daran nichts geändert. „Das Labor IBA bestimmt mit seinem Zeitplan die Wirklichkeit der hier lebenden Menschen – mit Rücksicht auf die herrschenden Interessen, aber nicht auf die Bewohner selbst“, kritisierte Michael Rothschuh.

Dass die IBA in Wilhelmsburg experimentierte, stritt Uli Hellweg nicht ab. „Es geht ja nicht darum, irgendetwas mal auszuprobieren. Der Laborcharakter hat das Ziel, Probleme eines Stadtteils zu lösen.“ In Wilhelmsburg sei die Stadt mit herkömmlichen Lösungsversuchen jahrzehntelang nicht weiter gekommen – da sollte die IBA neue Wege erschließen. Viele ihrer Experimente seien geglückt, sagte der IBA-Chef: Bei der Bildung sei der Stadtteil in den Fokus gerückt, bei der Suche nach neuen Strom- und Energiequellen im Stadtteil sei die IBA ebenfalls fündig geworden. All das habe sie nicht im Alleingang, sondern im Dialog mit Menschen aus dem Stadtteil erarbeitet. „Die IBA-Konvention hatte natürlich den Sinn, dass wir versucht haben, eine möglichst breite stadtgesellschaftliche Unterstützung für die IBA zu bekommen.“ Dies sei auch nötig gewesen, um überhaupt Einigkeit darüber herzustellen, dass die Stadt so viel Geld nur für Wilhelmsburg ausgebe. Auch in Zukunft müsse Hamburg in die Elbinsel investieren, meinte Uli Hellweg im Bürgerhaus. Deshalb sei könne die Nachfolgegesellschaft der IBA auch eine Art Lobby für Wilhelmsburg in der Stadt sein.

Rückenwind aus dem Publikum: "Man darf auch mal stolz sein"

Erstmals bekam Uli Hellweg auch Rückenwind aus dem Publikum. „Früher gab es Wilhelmsburg in Hamburg überhaupt nicht, und jetzt weiß fast jeder, wo Wilhelmsburg ist. Darauf kann man doch auch mal ein bisschen stolz sein“, sagte eine Anwohnerin. Im Nachgang der IBA und igs sei vieles im Stadtteil besser geworden – die Insel sei nun nicht mehr nur für Sozialdramen und Kriminalität bekannt, sondern auch für seine Bildungsarbeit, den Inselpark oder die Hamburg Towers. Für Manuel Humburg dagegen waren andere Kriterien entscheidend. Er berief sich auf die Zukunftskonferenz von 2001, deren Ergebnisse im sogenannten Weißbuch festgehalten wurden. Erst wenn die darin geforderten Standards erfüllt seien, könne er zufrieden sein, sagte Manuel Humburg. Zudem habe der Umgang mit den Ergebnissen des Beteiligungsprozesses zur Wilhelmsburger Reichsstraße gezeigt, dass die IBA im Ernstfall auch über die Meinung von Bürgern hinweggehe. Dem widersprach der IBA-Chef – er habe die fachliche Kritik am Umbau der Reichsstraße immer unterstützt.

(atw)