Seilbahn-Projekt fällt ins Wasser

Die Seilbahn über die Elbe wird nicht gebaut. Eine deutliche Mehrheit von 63,4 Prozent stimmte im Bürgerentscheid dagegen. Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD) äußerte sich zufrieden über das Ergebnis. Das Votum zeige, dass sich Bezirksversammlung und Einwohner von Hamburg-Mitte in Bezug auf das umstrittene Projekt einig seien, sagte er bei einer Pressekonferenz am Mittwochnachmittag. Ein Bürgerentscheid sei das richtige Instrument gewesen – trotz der Gefahr, dass Unternehmen es nutzen, um kommerzielle Interessen durchzusetzen. Die Kritiker des Projekts „Keine Seilbahn über unseren Köpfen“ feierten das Ergebnis als Sieg für die Demokratie.

31.769 Menschen stimmten mit Nein, 18.312 stimmten mit Ja – damit ist der Bürgerentscheid „Hamburger Seilbahn – Ich bin dafür“ gescheitert. Etwa ein Viertel der Wahlberechtigten stimmte mit ab, die überwiegende Mehrheit per Briefwahl. Das sei für einen Bürgerentscheid eine bemerkenswert hohe Beteiligung, sagte Bezirksamtschef Andy Grote. Wie die Zahlen für die einzelnen Stadtteile aussehen, wurde bei der Auszählung noch nicht unterschieden. „Wir versuchen, das noch zu ermitteln, weil das natürlich ganz viele interessiert“, sagte Andy Grote. Bisher habe das Amt dazu noch keine Zeit gehabt. Die hohe Beteiligung lasse aber darauf schließen, dass nicht nur Menschen aus den direkt betroffenen Stadtteilen St. Pauli und Neustadt abgestimmt hätten. Auch diejenigen, denen die Initiatoren des Bürgerentscheids Vorteile versprochen hätten – zum Beispiel Menschen aus Wilhelmsburg – hätten offenbar Stellung bezogen.

Grote: Keine Absage an den Tourismus

„Ich freue mich, dass die Haltung des Bezirks Hamburg-Mitte von einer so klaren Mehrheit in der Bevölkerung geteilt wird“, sagte der Bezirksamtschef bei der Pressekonferenz am Klosterwall. Schon mehrfach hatten sich die Abgeordneten der Bezirksfraktionen gegen das Bauvorhaben ausgesprochen. Hauptkritikpunkt war dabei, dass die Seilbahn den Menschen in der Stadt kaum einen Nutzen bringe. Die Trasse, die die Investoren geplant hatten, sollte vom Elbpark auf St. Pauli, nahe des Bismarck-Denkmals, über die Elbe zu den Musical-Theatern in Steinwerder führen. Die österreichische Baufirma Doppelmayr und die Hamburger Stage Entertainment hatten das Projekt als umweltschonendes Verkehrsmittel beworben. In den Augen der Kritiker dagegen sollte die Seilbahn vor allem für Touristen gebaut werden, denen damit eine zusätzliche Attraktion für den Musical-Besuch geboten werde. Das Votum des Bürgerentscheids werte er allerdings nicht als Absage an den Tourismus, sondern „für den Erhalt der Einzigartigkeit unserer Stadt“, erklärte Andy Grote.

Dass der Bürgerentscheid maßgeblich von den Interessen privatwirtschaftlicher Firmen getragen und auch finanziert wurde, war vielen Menschen in der Stadt ein Dorn im Auge. Besonders das Angebot der Investoren an den Bezirk, im Falle eines Bürgerentscheids zugunsten des Bauprojekts 10 Millionen Euro zur freien Verfügung zu stellen, stieß auf Kritik – auch beim Bezirksamtsleiter. Dass Bürgerbegehren und Bürgerentscheide grundsätzlich auch von Unternehmen und Konzernen genutzt werden können, um Projekte durchzusetzen, lasse sich nicht vermeiden. „Dieses Risiko ist in den Regularien des Instruments Bürgerentscheid angelegt“, erklärte er auf die Frage von WilhelmsburgOnline.de. „Ich glaube, wir würden diese Diskussion deutlich schärfer führen, wenn das Ergebnis anders ausgefallen wäre.“ Vergleichbare Fälle existieren bislang nicht – der Bürgerentscheid zur Seilbahn war der erste, den es in Hamburg-Mitte je gegeben hat.

Kritikerin: Es geht nur vordergründig um die Seilbahn

Die Kritiker der Initiative „Keine Seilbahn über unseren Köpfen“ feierte die Absage an das Seilbahn-Projekt als Sieg gegen eine kommerzielle „Totalverwertung“ der Stadt. „Wir freuen uns riesig“, sagte Theresa Jakob, Initiatorin der Gegenkampagne zum Bürgerentscheid. „Es geht nur vordergründig um die Seilbahn. Es geht darum, dass hier Konzerne versuchen, die Stadt zu kaufen“, sagte sie am Rande der Pressekonferenz. Genau das hätten die vielen gegen das Projekt engagierten Gruppen und Einzelpersonen verhindert.

Das Projekt ist erstmal vom Tisch – so schätzt es auch Thomas Magold ein, ehemaliger Tourismus-Chef und einer der Initiatoren des Bürgerentscheids. „Das Thema Seilbahn ist aus meiner Sicht für eine Weile verbrannt in Hamburg“, sagte er im Anschluss an die Pressekonferenz. Er zeigte sich auch nach der verlorenen Abstimmung noch überzeugt, dass die Seilbahn als Verkehrsmittel eine Bereicherung für die Stadt gewesen wäre. „Man kann ja aus Niederlagen viel lernen. Hamburg wird daraus auch noch lernen“, sagt er. „Ich glaube, bei dem Thema gibt es mehr Verlierer als nur uns – auf lange Sicht.“

von Annabel Trautwein

 

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