Fällt der Zaun am Wilhelmsburger Inselpark? Zuständig für diese Frage ist Bezirksamtschef Andy Grote (SPD). Gemeinsam mit den Politikern im Bezirk Mitte entscheidet er, wann die Menschen in Wilhelmsburg ihren Park in Zukunft nutzen dürfen. Seine Pläne und Prioritäten, sein Verständnis von öffentlichem Raum und seine Vorstellungen von Mitsprache für die Leute im Stadtteil schildert Andy Grote im Interview mit WilhelmsburgOnline.de.
Warum übergibt die Stadt den Inselpark so feierlich den Menschen im Stadtteil, wenn der Bezirk ihnen nicht zutraut, verantwortungsvoll damit umzugehen?
Der Inselpark in Wilhelmsburg hat mit seinen Freizeit- und Sportanlagen und der Parkausstattung eine so hochwertige Qualität, das kann man in ganz Hamburg nur mit Planten un Blomen vergleichen. Unser Ziel ist es, diesen Park allen bestmöglich zugänglich zu machen. Aber die Zugänglichkeit allein hilft den Wilhelmsburgerinnen und Wilhelmsburgern nicht, wenn wir die Qualität nicht halten können. Und wir sind zu der Bewertung gekommen, dass wir mit einem erheblichen Maß an Vandalismus, an Beschädigungen, Diebstählen und missbräuchlicher Nutzung rechnen müssen, wenn dieser Park rund um die Uhr und ohne Zaun geöffnet ist. Wir müssen abwägen: Erstens ist für uns klar, dass der Park in der Zeit, in der ihn 98 Prozent aller Menschen nutzen, offen sein soll – sagen wir im Sommer von 5 Uhr bis 0 Uhr. Ich glaube aber, dass in der Zeit zwischen 0 Uhr und 5 Uhr nur noch sehr wenige Menschen ein legitimes Interesse haben, den Park zu nutzen. Da geht es nur noch um die Durchquerung, die wir auch ermöglichen werden. Ansonsten geht man ja nicht um drei Uhr nachts in den Park.
Sie sagen, Sie sind zu der Bewertung gekommen, dass der Park ohne Zaun nicht sicher sei. Wie kommt denn diese Bewertung zustande?
Wir haben Darstellungen und Schilderungen von Schäden, die es jetzt schon in dem Park gibt. Die stammen teils aus der Zeit, in der der Park hergestellt wurde, teils aus der Zeit der igs, als das Gelände verschlossen war. Es sind aber auch nach der igs Schäden eingetreten. Zudem haben wir Erfahrungen mit anderen Parkanlagen. Wir wissen, dass wir in Parks, die immer offen sind, Einrichtungen oberhalb einer bestimmten Wertigkeit nicht anbringen können und tun das auch nicht. In Wilhelmsburg haben wir aber eine ganz andere Ausrüstung. Nun kann es sein, dass in Wilhelmsburg die Menschen viel, viel pfleglicher damit umgehen würden als in jedem anderen Stadtteil in Hamburg. Das ist aber erst einmal nicht unsere Annahme.
Weil Sie befürchten, dass einzelne Personen mit diesem Park nicht gut umgehen, wird der Zugang für alle eingeschränkt – auch wenn die Tore offen sind. Manche Spielplätze sind nur noch über Umwege erreichbar, mit kleinen Kindern dauert der Weg dann eine halbe Stunde statt wie früher zwei Minuten. Das beeinträchtigt die Menschen in ihrem Alltag. Wie rechtfertigen Sie das?
Das sind doch alles Mutmaßungen. Die meisten Spielplätze hat es vorher gar nicht gegeben. Erstmal ist der Park eine Riesenbereicherung für Wilhelmsburg. Die Wegeverbindungen müssen wir uns natürlich angucken. Die Nord-Süd-Durchwegung bleibt auf jeden Fall immer frei, weil die Straße Hauland wieder geöffnet wird und außerhalb des Zaunes liegen wird. Bei der Ost-West-Querung müssen wir überlegen: Zu welchen Zeiten brauchen wir die? Und muss die innerhalb des Parks sein, oder kann man sie verlegen, so dass sie auch außerhalb des Zaunes liegen würde? Der Park wird zwischen 20 und 30 Toren haben. Das sollte man erst einmal abwarten und dann fragen: Wo ist wirklich noch ein Zaun, der mich von irgendwas abhält, und wo ist kein Tor?
Trotzdem sehen viele ihr Recht auf Nutzung des öffentlichen Raums eingeschränkt.
Die Frage ist, wie wir diese Diskussion führen. Sagen wir: Der Park ist nur öffentlich, wenn er immer offen ist? Dann hat er aber am Ende die Wertigkeit wie andere öffentliche Räume, die in keiner Weise geschützt sind. Oder sind wir bereit, für einen besonders wertvollen Raum in einem gewissen Umfang eine Einschränkung hinzunehmen?
Aber diese Frage wurde den Wilhelmsburgerinnen und Wilhelmsburgern ja so nie gestellt.
Doch, die stellen wir ja jetzt. Wir sind ja in einer Diskussion. Meine erste Pflicht ist, dafür zu sorgen oder einen Vorschlag zu machen, der zumindest sicherstellt, dass der Park den Wilhelmsburgern auch nachhaltig zur Verfügung steht. Das ist eine riesige Herausforderung. Von mir wird erwartet, dass ich den Park in einem bestimmten Pflegezustand halte. Deshalb bauen wir im Bezirksamt eine eigene Abteilung auf mit acht Mitarbeitern, die sich nur um die Pflege des Inselparks kümmern. Wir sind gerne bereit, die Grenzen unserer Leistungsfähigkeit auszureizen. Aber ich muss auch drauf hinweisen, unter welchen Umständen das geht und unter welchen nicht. Planten un Blomen zum Beispiel ist auch aus mehreren Bundes- und internationalen Gartenschauen entstanden. Das ist heute die einzige zugängliche Grünfläche für St. Pauli. Ich habe noch nie von irgendeinem St. Paulianer gehört – und die sind weiß Gott auch kritisch – dass man sich da enteignet, ausgeschlossen, aus dem öffentlichen Raum verdrängt fühlt, weil dieser Park nachts abgeschlossen ist. Man sollte das nicht ideologisieren. Zäune sind immer schlecht. Ich würde auch am liebsten jeden Zaun niederreißen. Jeder reißt lieber Zäune ab, als das er welche stehen lässt, das ist doch völlig klar. Aber in dieser Situation greift das zu kurz.
Glauben Sie denn, dass dieser Zaun das richtige Mittel ist, um Vandalismus zu vermeiden?
Unsere Erfahrung ist, dass in wir in Planten un Blomen deutlich weniger Beschädigungen haben als in den offenen Parkanlagen – beziehungsweise dass wir dort einen Pflegezustand und eine Qualität des Parks haben, die wir an anderen Stellen nicht erhalten könnten.
Es gibt auch Befürchtungen im Stadtteil, dass es eigentlich gar nicht um Vandalismus geht, sondern dass der Zaun der erste Schritt einer Entwicklung ist, an deren Ende möglicherweise Teile des Parks verkauft werden oder Eintritt kosten. Garantieren Sie, dass das nicht geschieht?
Ja. Solange ich etwas zu sagen habe, wird von dem Park nichts verkauft und gibt es auch keinen Eintritt. Unser einziges Ziel ist es, den Park in seiner Qualität zu schützen für die Menschen in Wilhelmsburg. Man kann dieses Ziel natürlich diskreditieren, indem man alles mögliche unterstellt und den Menschen damit Angst macht und Stimmung macht. Ich finde das eine ziemliche Brandstifterei, was da zum Teil hineininterpretiert wird. Dafür gibt es keine nachvollziehbare Herleitung oder Begründung. Wir würden nie auf die Idee kommen, irgendeinen bestehenden Park oder irgendeine bestehende Grünanlage einzuzäunen.
Aber Sie haben doch einen bestehenden Park eingezäunt.
Nein. Den Park gab es gar nicht.
Doch. Es gab den Mengepark und den Wilhelmsburger Park.
In dieser Gesamtheit und in dieser Qualität hat es diesen Park nicht gegeben. Es gibt auch jetzt nicht die Absicht, den Zaun so zu lassen, wie er jetzt ist. Die eingezäunte Fläche soll gegenüber dem jetzigen Gebiet deutlich reduziert werden. Die Teile, die sind nicht ganz so anfällig sind für Schäden, wollen wir freigeben.
Jetzt wollen die Menschen im Stadtteil natürlich wissen, welche Gebiete das sind.
Ich habe die Karte selbst vor zwei Tagen zum ersten Mal gesehen. Da ist auch noch ganz viel offen. Ich würde gerne schrittweise ausprobieren, wie offen wir den Park halten können. Darüber werden wir noch intensiv diskutieren, auch mit Bürgerinnen und Bürgern in Wilhelmsburg.
In welchem Rahmen sollen die Leute im Stadtteil ihre Interessen geltend machen können?
Wir werden eine Reihe an Gesprächen führen mit den unmittelbar Betroffenen. Wir haben schon mit den Kleingärtnern gesprochen. Wir werden mit den Anliegern sprechen und denen, die im Park Einrichtungen betreiben, aber auch mit den Nachbarn in der direkten Umgebung, am Schlöperstieg zum Beispiel. Wir werden auch mit anderen Gruppen, die den Park nutzen, und mit den Wilhelmsburgern insgesamt sprechen. Im Februar werden wir das Thema im Rahmen des Perspektiven-Prozesses vorstellen. Der Beirat für Stadtteilentwicklung hat es auf die Tagesordnung gesetzt, auch im Regionalausschuss werden wir unsere Ideen vorstellen. Am Ende werden wir die Diskussionen auswerten und unser finales Konzept erarbeiten. Dabei werden wir versuchen, die Interessen aller Beteiligten bestmöglich aufzunehmen.
Aber entscheiden wird der Bezirk am Ende allein?
Mit der Politik zusammen. Aber wir haben die Verantwortung für diesen Park, und die kann uns auch keiner abnehmen, deshalb werden wir am Ende entscheiden müssen. Das machen wir nicht für uns, sondern für den Stadtteil. Deshalb werden wir die Interessen aus dem Stadtteil, die uns mitgeteilt werden, weitestmöglich mit aufnehmen.
Das Interview führte Annabel Trautwein
Tipp:
Ihr wollt dem Bezirksamt eure Meinung zur Zukunft des Inselparks sagen? Dann schreibt am besten eine Mail an bezirksamt@hamburg-mitte.hamburg.de. Bezirksamtsleiter Andy Grote versichert, dass alle Mails da ankommen, wo am Konzept für den Inselpark gearbeitet wird.
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